Schuldnerberatung: Vermehrt unter 30-Jährige verschuldet
Berlin (epd).

In Berlin sind nach Angaben der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung aktuell rund 300.000 Menschen überschuldet. Damit sei die Überschuldungsquote im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr etwas gestiegen, sagte die Leiterin der Geschäftsstelle der Landesarbeitsgemeinschaft, Anne Wistuba, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Laut dem bundesweiten Schuldner-Atlas stieg sie in diesem Jahr in der Bundeshauptstadt auf 10,16 Prozent. Damit war sie in Berlin deutlich höher als der Bundesdurchschnitt mit 8,09 Prozent.

Nach Rückmeldung einiger Beratungsstellen aus den Bezirken, zum Beispiel in Neukölln sei 2024 auch die Zahl der Verbraucherinsolvenzen um etwa zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, sagte Wistuba: „Über berlinweite Zahlen verfügen wir dazu nicht.“

Hauptgründe für eine Ver- und Überschuldung sind nach ihrer Aussage Arbeitslosigkeit, eine Erkrankung, Sucht, ein Unfall oder eine fehlende finanzielle Allgemeinbildung. Insbesondere die neuen Bezahlmethoden durch Zahlungsdienstleister im Online-Handel mit „Buy now, pay later“-Angeboten (Englisch: Kauf jetzt, bezahle später) führten bei vielen Menschen in die Schuldenfalle.

Betroffen von Ver- und Überschuldung seien alle Altersgruppen, sagte die Schuldnerberaterin. Die besonders wirtschaftsaktive Gruppe der 30- bis 39-Jährigen weise dabei weiterhin die höchste Überschuldungsquote auf. „Besonders alarmierend für uns ist aber die Tatsache, dass die Überschuldungsquote der jüngsten Personengruppe unter 30 Jahre zum zweiten Mal in Folge angestiegen ist“, sagte Wistuba. Offensichtlich seien dies die Folgewirkungen der „Buy now, pay later“-Angebote, die vor allem auf jüngere, besonders internet- und konsumaffine Zielgruppen zielten.

Die Berliner Schuldnerberatungsstellen seien im Übrigen noch nie bedarfsdeckend finanziert gewesen. „Rund 300.000 Berlinerinnen und Berliner sind verschuldet. Dem stehen aktuell circa 116 Kolleginnen und Kollegen aus den anerkannten, gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen gegenüber“, sagte Wistuba: „Das ist nicht bedarfsdeckend.“ Gleichzeitig bestehe aber auch bei den Beratungsstellen das Problem des Fachkräftemangels, sodass nicht alle vakanten Stellen kurzfristig besetzt werden könnten.

epd-Gespräch: Markus Geiler