Blau, grün, rot und gelb. In schrillen Farben angemalt, gehören die Strandhäuschen aus Holz ebenso zur Kulisse Kapstadts wie der ikonische Tafelberg. Der malerische Küstenstreifen, das Flair und die gemütlichen Cafés im Vorort Muizenberg sind ein Touristenmagnet, Surfer schwärmen von den Wellen dort. Was es aber auch gibt: eine gute Internetabdeckung - und die lockt Ausländerinnen und Ausländer, die länger bleiben - digitale Nomaden.
Kapstadt hat sich zu einem beliebten Standort für solche Telearbeitende aus der ganzen Welt entwickelt. Angesprochen werden dabei vor allem Menschen, die ortsunabhängig online arbeiten und dabei den Beruf mit Reisen verbinden.
Zwölf Jahre lang war der Südafrikaner Matt Davison selbst als digitaler Nomade auf der ganzen Welt unterwegs. Immer im Gepäck: sein Laptop. Vor knapp einem Jahr aber folgte der Entschluss, wieder in die Heimat zurückzukehren und hier die Erfahrung zum Business zu machen. Er gründete das Unternehmen „Cape Co-Living“ als eine Basis für Gleichgesinnte, eine Wohngemeinschaft für digitale Nomaden. Es richtet sich speziell an die Bedürfnisse von Telearbeitenden. Dazu gehören stabiles Internet, Rückzugsmöglichkeiten, aber auch Räume für den Austausch. „Cape Co-Living“ zählt zu einer Reihe solcher Angebote, die sich in den vergangenen Jahren in Kapstadt entwickelt haben und ein zunehmend größeres Publikum anziehen.
„Es entstehen riesengroße Airbnb-Blasen“
Doch der Boom hat auch seine Kehrseiten. Mit der steigenden Nachfrage nach flexiblen Arbeitsplätzen und möblierten Unterkünften steigt nicht nur die Zahl der Laptops in den Straßencafés, sondern vor allem auch das Preisniveau. „Kapstadt ist für Südafrikanerinnen und Südafrikaner zu teuer geworden“, sagt Sara Scheler. „Sich eine Wohnung in einem der Küstenviertel zu leisten, ist für jemanden mit einem durchschnittlichen lokalen Einkommen unmöglich geworden.“ Die 32-jährige Deutsche lebt seit fünf Jahren in Südafrika und beobachtet die Entwicklungen in ihrer Wahlheimat mit Sorge.
„Es entstehen riesengroße Airbnb-Blasen, die ausschließlich von Internationalen bewohnt und besessen werden“, sagt sie mit Blick auf den weltweiten Ferienunterkunftsvermittler. „In Südafrika kann sich nämlich jeder, unabhängig von seiner Nationalität, ein Haus kaufen“, erklärt Scheler. So würden Häuser in der Innenstadt oder am Wasser für viel Geld von finanzstarken Europäerinnen und Europäern aufgekauft.
Auch Matt Davison bestätigt: „Es passiert gerade etwas Ähnliches wie in Lissabon, wo die Beliebtheit der Stadt dazu geführt hat, dass die Preise gestiegen sind und es für Einheimische vor allem auf dem Wohnungsmarkt schwierig wird mitzuhalten.“ Lokale Unternehmen profitieren zwar von den neuen, zahlungskräftigen Gästen, doch diese verderben eben auch die Preise für die Bevölkerung und nicht jeder kann sich die neue Lebensart leisten.
Südafrika führt „Digitale-Nomaden-Visum“ ein
Dass Südafrika im Mai eigens ein „Digitale-Nomaden-Visum“ eingeführt hat, wird mit gemischten Gefühlen wahrgenommen. Das neue Visum soll es Telearbeitenden ermöglichen, bis zu 36 Monate im Land zu bleiben - statt der üblichen drei Monate, die das Touristenvisum ermöglicht. Damit ist Südafrika neben Namibia, Kap Verde, Mauritius und den Seychellen das fünfte afrikanische Land, das ein solches Visum anbietet. In der Praxis hakt es aber noch. Unklare Anforderungen und ein hoher Rückstau bei den Anträgen für bereits existierende Visa haben dazu geführt, dass Bearbeitungszeiten teils Monate dauern.
Kapstadt jedenfalls verspricht sich von dem Visum eine Stärkung des Tourismussektors, aber auch einen Anschub für lokale Unternehmen, Start-ups und Dienstleister. „Tatsächlich entwickeln sich viele Geschäftsbeziehungen, die auch über den Aufenthalt der digitalen Nomaden in Kapstadt bestehen bleiben“, sagt Antonette Benting, Unternehmensentwicklerin bei Workshop 17. Das Netzwerk von Gemeinschaftsbüros stellt Büroräume und Arbeitsplätze für Freiberufler, Start-ups und Unternehmen in ganz Südafrika zur Verfügung. Allein in Kapstadt gibt es mittlerweile drei dieser Co-Working Spaces. Ein viertes Gebäude entsteht momentan am Strand von Muizenberg.
Die Touristen-Attraktion Kapstadt ganz im Süden Afrikas entdeckt so noch ein neues Potenzial: Sie entwickelt sich immer mehr zu einer Drehscheibe für kreative Köpfe aus aller Welt.