
Väter nehmen einer Studie zufolge deutlich weniger bezahlte Elternzeit als Mütter. Frauen beziehen im Schnitt 11,6 Monate Elterngeld, Männer nur 2,8 Monate, wie die Bertelsmann Stiftung in Gütersloh bei der Vorstellung einer aktuellen Umfrage mitteilte. Zwar würden 46 Prozent der Väter Elterngeld beziehen, das seien doppelt so viel wie vor 15 Jahren. Drei Viertel von ihnen würden jedoch nur die zwei Partnermonate nehmen, mit denen der volle Elterngeldanspruch ausgeschöpft werden könne.
Der Umfrage zufolge würden Frauen und Männer eine gleichmäßige Aufteilung der Elternzeit mit sieben Monaten je Partner bevorzugen. 45 Prozent der Frauen und 42 Prozent der Männer seien für dieses Modell, erklärte die Stiftung. 41 Prozent der Frauen und 36 Prozent der Männer votierten für das traditionelle Modell mit zwei Monaten Elternzeit für den Vater und zwölf Monate für die Mutter. Ein knappes Viertel aller Befragten sei dafür, dass der Vater die längere Zeit Elterngeld bezieht.
Die Mehrheit der Paare sei längst bereit für eine faire Verteilung von Elternzeiten, erklärte die Stiftung. Es werde höchste Zeit, dass die Politik eine moderne Elterngeldregelung beschließe, die den Vorstellungen der Eltern entspricht und ohne zu starke finanzielle Einbußen Väter stärker einbinde, sagt die Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung, Michaela Hermann.
Wenn Frauen den Großteil der Elternzeit nehmen, führe das zu Karrierebrüchen, geringerem Einkommen und später weniger Rente für Frauen, hieß es. Würden Väter stattdessen vier bis sechs Monate Elternzeit nehmen, würden Frauen im Durchschnitt nur noch acht statt 11,6 Monate ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen.
Expertinnen und Experten der Stiftung schlagen eine „moderne Elterngeldregelung“ vor, bei der die bislang zwei Partnermonate auf mindestens vier ausgeweitet werden. Zudem sollte die Lohnersatzrate von bisher 65 bis 67 Prozent auf 80 Prozent erhöht werden. Ein höheres Elterngeld stabilisiere das Haushaltseinkommen, Väter erhielten einen stärkeren Anreiz, Sorgearbeit zu übernehmen, und Mütter könnten schneller wieder ihre Erwerbsarbeit aufnehmen. Dadurch könne eine zusätzliche Beschäftigung in Höhe von 200.000 Vollzeitstellen entstehen.
Wenn Frauen früher an den Arbeitsmarkt zurückkehrten, ließen sich so auch Fachkräfte gewinnen und die Wirtschaft stärken, hieß es weiter. Nach Berechnung der Experten könnte auch nach Abzug der Kosten für ein erhöhtes Elterngeld das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 16,5 Milliarden Euro steigen.
Als Hilfe in der Kinderphase wünschten sich die befragten Eltern am häufigsten „weniger Behördenkram und eine leichtere Antragstellung“ (44 Prozent). Rund ein Drittel der Eltern nannte eine kostenlose Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten und eine bezahlte Haushaltshilfe.
Die repräsentative Studie wurde im Auftrag der Stiftung vom Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen durchgeführt. Grundlage dafür war eine Online-Befragung von rund 2.525 Frauen und Männern im Alter von 18 bis 65 Jahren in der Zeit vom 19.12.2023 und dem 19.1.2024.