"Satire darf nicht langweilig sein"
s:56:"Düsseldorf widmet Karnevalist Jacques Tilly Ausstellung";
Düsseldorf widmet Karnevalist Jacques Tilly Ausstellung
Stadtmuseum Düsseldorf zeigt erste Retrospektive zu Jacques Tilly
Düsseldorf (epd).

Ob Präsidenten oder Bischöfe - Sie alle bekommen bei dem Künstler Jacques Tilly ihr Fett weg. Bei der Ausstellung „Jaques Tilly - Freigeist“ im Düsseldorfer Stadtmuseum stehen derzeit die berühmten politischen Karnevalswagen im Mittelpunkt. Gezeigt werden auch Arbeiten zum Thema „Kunst und Politik“ sowie „Kirche und Karneval“. Zu sehen sind auch Kinderzeichnungen des Düsseldorfer Künstlers.

Die bis zum 10. August terminierte Schau ist nach den Worten von Museumsleiterin Susanne Anna die erste Retrospektiv-Ausstellung zu Person und Werk des 1963 in der NRW-Landeshauptstadt geborenen Bildhauers, Kommunikationsdesigners und Karnevalswagenbau-Künstlers." Besonders stolz ist Anna auf 87 Kinderzeichnungen von Tilly, die er dem ältesten Museum der Stadt geschenkt hat. Anlass der Schau ist das 200-jährige Bestehen des Comitees Düsseldorfer Carneval.

Zu sehen ist unter anderem die Großfigur des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der sich genüsslich in einer randvoll mit Blut gefüllten Wanne in den Farben der Ukraine schrubbt. Der frühere und jetzige US-Präsident Donald Trump ist auf zahlreichen der Wagen in den vergangenen Jahren von Tilly aufs Korn genommen worden. Mal vergewaltigte er die amerikanische Freiheitsstatue, mal machte er aus der Stars and Stripes-Fahne der Vereinigten Staaten per Schere eine Hakenkreuzfahne.

Immer wieder hat Tilly in den vergangenen Jahrzehnten die katholische Kirche auf seinen Mottowagen an den Pranger gestellt, wie in der Abteilung „Kirche und Karneval“ zu sehen ist. So steckte die Figur des Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner einen Scheiterhaufen an, auf dem eine Frau bekannte, ihr ungeborenes Kind abgetrieben zu haben. Auf einem anderen Wagen zeigte er drei islamische Geistliche die unter der Überschrift „Terror hat nichts mit Religion zu tun“ sich den Mund, die Ohren und die Augen zuhalten.

Neben Trump ist auch BSW-Chefin Sahra Wagenknecht, dargestellt als Königin, sowie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dabei. Die Ausstellung präsentiert zudem Skizzen und zahlreiche großformatige Fotos von Motivwagen der Düsseldorfer Rosenmontagszüge aus den vergangenen rund 35 Jahren.

Tilly selbst betonte, er habe schon während seines Studiums den jecken Wagenbau als seine „eigentliche Leidenschaft“ entdeckt. Ab 1998 widmete sich Tilly als freier Designer und Illustrator nur noch dem Entwurf und Bau der politischen Mottowagen in seiner Heimatstadt. Inzwischen ist er verantwortlich für die meisten Wagen im närrischen Lindwurm, der sich in diesem Jahr am 3. März durch Düsseldorf schlängeln wird.

Die politischen Mottowagen bleiben bis zum Rosenmontagszug „geheim“. Vorher habe es immer wieder Versuche gegeben, die oft bissigen und drastischen Figuren zu verbieten oder entschärfen zu lassen. „Einmal hat es sogar eine einstweilige Verfügung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl gegen eine nackte Figur von ihm mit dickem Bauch gegeben“, erinnert sich der Wagenbauer.

Der Wagenbauer, der nach eigenen Worten „noch einige Jahre weitermachen“ will, plädiert für die Freiheit der Satire. Auch in den Umzügen beim Straßenkarneval. „Alles ist erlaubt in der Satire, nur unverständlich und langweilig darf sie nicht sein“, sagte der Künstler beim Rundgang durch die Ausstellung.

Die Ideen werden ihm so schnell nicht ausgehen. Motive gebe es sicher auch für den anstehenden Umzug mehr als genug, erklärte Tilly. Die Bundestagswahl Ende Februar wird laut Tilly genug Ideen liefern.

Wenig begeistert äußerte er sich, dass er in diesem Jahr erneut Trump satirisch aufspießen muss. „Ich habe schon jetzt wegen der Trump-Wagen im Rosenmontagszug Bauchschmerzen“, berichtete der Künstler. Aber er sei mit seinem Team der Wagenbauer eben auch eine Art „Kriegsgewinnler“. Bis zum 3. März werde der US-Präsident Trump „immer wieder neue Visionen des Wahns“ verkünden.

Andreas Rehnolt (epd)