Jesus Christus am Kreuz in malerischer Landschaft und mit ausgestrecktem Arm, um ein Selfie von sich zu machen: „C.D.F. Cheese! Hier kommt das Vögelchen“ - das ist eins der teils drastischen religionskritischen Motive, die in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zu sehen sind. Zum 10. Jahrestag des tödlichen islamistischen Attentats auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris am 7. Januar 2015 zeigt das Museum in seinem Licht durchfluteten Foyer eine Auswahl an satirischen Zeichnungen unter dem Titel „Charlie Hebdo. Die Freiheit der Kunst - Zehn Jahre nach 'Je suis Charlie'“. Die Schau ist bis zum 2. Februar zu sehen.
Mit der Präsentation ausgewählter Werke zeitgenössischer Karikaturistinnen und Karikaturisten gehe es darum, ein Zeichen für die Freiheit der Kunst zu setzen, betonte die Direktorin der Ludwiggalerie, Christine Vogt. Der 7. Januar, an dem zwölf Mitglieder der Redaktion von Islamisten ermordet wurden, darunter fünf prominente Karikaturisten und der Herausgeber, sei „ein schreckliches Jubiläum“. Vogt erinnerte daran, dass damals weltweit Millionen Menschen unter dem Motto „Je suis Charlie“ („Ich bin Charlie“) an Solidaritätskundgebungen teilgenommen hätten. Die Karikaturenschau zum 10. Jubiläum zeige, dass der Versuch gescheitert sei, „Satire umzubringen und niederzuschießen“.
Satire ist lebendig, vielfältig und provokativ, wie die Auswahl an Werken in Oberhausen zeigt. Prominent platziert ist eine Miniskulptur des bekannten Kölner Karnevalswagenbauers Jacques Tilly aus dem 3D-Drucker. Es zeigt die Büste eines katholischen Bischofs, dem die Mitra auf dem Kopf zum Penis mutiert ist. Daneben eine Vitrine mit Originalzeichnungen unterschiedlicher Künstler. Etwa eine grotesk anmutende Fußballmannschaft, lauter Frauen wie hölzerne Puppen in schwarzer Burka, oder drei grimmige, schwer bewaffnete Mudschaheddin: „Wir würden uns mit Karikaturen rächen, aber wir können nicht malen!“ Religionskritik geht hier in alle Richtungen, und auch das eigene künstlerische Schaffen angesichts allgegenwärtiger Kritik und Bedrohung seit dem Attentat ist ein Thema.
Per Monitor etwa werden Karikaturen von 20 teils namhaften Künstlerinnen und Künstlern wie Peter Gaymann, P J Tetsche oder Franziska Becker gezeigt. Darunter auch eine Schreibfeder, die in einem bizarren „Schusswechsel“ wie ein Pfeil abwehrend auf ein Maschinengewehr gerichtet ist, von Waldemar Mandzel. Oder eine Zeichnung von Michael Holtschulte, der einen Künstler ratlos vor ein leeres, tiefschwarzes Papier gesetzt hat: „Auch zehn Jahre nach dem Anschlag fehlen die Worte (durchgestrichen) Bilder.“
Der Anschlag von Paris 2015 habe das satirische Werk der letzten Jahre insgesamt beeinflusst, erklärt Kuratorin Leonie Neidert. Sie ist mitverantwortlich für die aktuelle Jubiläumsschau, die auf ein Kooperationsprojekt der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen mit dem Wilhelm Busch Museum Hannover, dem Caricatura Museum Frankfurt, der Caricatura Galerie Kassel, dem schauraum: comic + cartoon Dortmund und der Cartoonlobby e.V. zurückgeht. Auf den zuvor ausgeschriebenen Wettbewerb sind mehr als 150 Arbeiten eingegangen, jede der beteiligten Einrichtungen zeigt eine Auswahl. Zwei der Grafiken in Oberhausen sind auch im internationalen Wettbewerb #Mocking God (Gott verspotten), den die Charlie Hebdo-Redaktion selbst ausgeschrieben hatte.