Ganze Generationen haben von ihm gelernt, wie der Strom in die Steckdose, das Salz ins Meer oder die Streifen in die Zahnpasta kommen: Armin Maiwald ist einer der Väter der „Sendung mit der Maus“. Jahrzehntelang hat er in dem 1971 gestarteten Magazin die „Sachgeschichten“ erzählt, weit über tausend Reportagen gedreht. Sein Motto: „Dumme Fragen gibt es nicht, nur dumme Antworten.“ Der Satz „Klingt komisch, ist aber so“ ist zu seinem Markenzeichen geworden.
Am 23. Januar wird der Rheinländer, der bis auf einige Kindheitsjahre stets in Köln gewohnt hat, 85 Jahre alt. In einer halbstündigen „Nachkriegs-Maus“ hat er die Geschichte seiner eigenen Kindheit erzählt. Maiwalds Familie wurde im Zweiten Weltkrieg in Köln ausgebombt, floh erst nach Schlesien zu den Großeltern, dann über Dresden nach Bayern, bevor Maiwald mit seiner Mutter und seiner Schwester - der Vater war als Soldat umgekommen - 1953 nach Köln zurückkehrte.
In der bewegenden „Geschichte von Katharina“ beschrieb Maiwald für die „Maus“ Leben und Tod eines behinderten Mädchens; in „Abschied von der Hülle“ ließ er seinen „Zwillingsbruder“ sterben. Zu seinen vielen Auszeichnungen zählen der Grimme-Preis (1988) und das Bundesverdienstkreuz (1995).
Für Medienwissenschaftlerin Maya Götz, die das WDR-Magazin mit ihrem Team vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) vielfach untersucht hat, liegt Maiwalds größte Stärke in seiner „herausragenden Fähigkeit, neugierig, wertschätzend und vorurteilsfrei auf die Welt zuzugehen“.
In seinen Kommentaren, sagt sie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), habe er über die Jahre stets exakt jene Fragen beantwortet, die den Kindern angesichts der Bilder durch den Kopf gingen: „Dadurch entsteht das Gefühl des Einklangs und des gemeinsamen Entdeckens.“ Dass das öffentlich-rechtliche deutsche Kinderfernsehen weltweit die meisten Wissenssendungen im Programm habe, sei nicht zuletzt Maiwalds Verdienst. Er ist auch Produzent der „Sendung mit der Maus“.
Auch Matthias Körnich (Jahrgang 1970), Leiter der WDR-Programmgruppe Kinder und Familie, ist mit den „Sachgeschichten“ groß geworden. Er betont gegenüber dem epd seine Überzeugung, „dass gerade heute viele Journalistinnen und Journalisten von der Haltung und Erzählweise der 'Sendung mit der Maus' profitieren können, denn das ist wirklich guter Journalismus: jenseits von Fake News, Belehrung oder Parteinahme, aber mit einer sauberen Recherche. Für diese Prägung, dieses Erbgut der Sendung, ist Armin Maiwald in besonderer Weise verantwortlich.“
Es habe nie ein striktes pädagogisch-didaktisches Konzept gegeben: „Armin hat immer wieder betont, dass wir ein Unterhaltungsmedium sind und nicht die Schule der Nation. Trotzdem oder gerade deshalb wird man schlauer, da gute Geschichten und Bilder immer im Kopf bleiben; wie pupsende Bakterien im Käse. Nichts wird einfach behauptet, alles wird gezeigt und dadurch anschaulich und nachvollziehbar.“
Basis des Erfolgs war eine Beobachtung, die Maiwald Ende der 1960er bei seinen eigenen Kindern gemacht hatte. Damals gab es im „Ersten“ zwischen der Werbung witzige Zeichentrickeinspielungen. Laut Medienwissenschaft hätten die Kinder diese Kurzfilme aufgrund des raschen Schnitts gar nicht verstehen können, aber sein Sohn und seine Tochter kannten sowohl die animierten Clips wie auch die Werbespots auswendig.
Aufgrund dieser Erkenntnis, erzählte er in einem früheren Interview, sei die Idee zu den „Sachgeschichten“ entstanden: „Jeder Film sollte nur ein winziges Detail aus der Wirklichkeit abbilden. Es sollte Spaß machen, zuzuschauen, man sollte nichts lernen müssen. Allerdings wäre es gut, wenn der Zuschauer ein 'Aha-Erlebnis' mitnimmt und am Ende nicht dümmer ist als vorher.“ Dass die Kommentare nicht von einem professionellen Sprecher, sondern von ihm selbst gesprochen werden, war ursprünglich gar nicht geplant, aber seine unverwechselbare Stimme trägt erheblich zum Charme der Reportagen bei.
Stilistisch haben sich „Sachgeschichten“ im Lauf der Jahrzehnte kaum verändert. Für Maiwald, der auch maßgeblich an ARD-Klassikern wie „Schlager für Schlappohren“ (ab 1967) oder „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ (1972) beteiligt war, gelte das ebenfalls, sagt Körnich. „Er ist immer er selbst geblieben: neugierig, kreativ und für die Sache brennend.“
Maiwald engagiert sich als Pate beim Kinder- und Jugendhospiz Bethel und als Schirmherr der SOS-Kinderdorf-Stiftung, er ist nach wie vor Produzent seiner 1972 gegründeten Firma Flash Film, die er heute gemeinsam mit Jan Marschner führt. Und er ist immer noch im Fernsehen zu sehen und zu hören: Im Frühjahr ist die Ausstrahlung von zwei weiteren neuen Sachgeschichten von und mit Armin Maiwald in der „Sendung mit der Maus“ geplant.