Charismatischer Superstar
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Bob Marley Flagge
Vor 80 Jahren wurde Bob Marley geboren
Bielefeld (epd).

Am Ende war er das, was er immer abgelehnt hatte: ein Idol. Kaum ein Musiker bediente so perfekt die Sehnsucht nach Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit wie der Reggaestar Bob Marley (1945-1981). Ähnlich wie Che Guevara ist der Musiker eine Stilikone: Die markanten Gesichtszüge unter den Rastalocken schmücken T-Shirts, Poster und Tassen. Aufgewachsen ist er in einem Armenviertel von Kingston auf der Karibik-Insel Jamaika, er starb mit nur 36 Jahren an Krebs. Am 6. Februar wäre er 80 Jahre alt geworden.

Marleys Songs werden noch heute weltweit gehört und gesungen, im vergangenen Jahr erschien die Filmbiografie „Bob Marley: One Love“. Das „Rolling Stone“-Magazin listete ihn auf Platz 11 der „100 größten Musiker“. 1994 wurde er posthum in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.

Rassismus gehörte zum Alltag des jungen Bob Marley. Jamaika stand bis 1962 unter britischer Kolonialherrschaft, die schwarze Bevölkerung hatte kaum Chancen auf Bildung oder einen guten Job. Als Sohn einer schwarzen Mutter und eines weißen Vaters wurde der junge Bob zudem von weißen wie auch schwarzen Kindern ausgegrenzt.

Geboren wurde Robert Nesta Marley 1945 im Dorf Nine Miles. Der Vater Norval Sinclair Marley heiratete im Alter von rund 60 Jahren zwar anstandshalber die schwangere Mutter. Nach der Geburt soll er die 18-Jährige mit ihrem Kind aber verlassen und eine weitere Familie gegründet haben.

Mit zwölf Jahren zog Marley mit seiner Mutter in die Hauptstadt Kingston. In dem Armenviertel Trenchtown gründete er mit dem jungen Peter Tosh und mit Bunny Wailer die Band „The Wailers“ („Die Klagenden“), die nach Jahren harter Arbeit zu den angesagtesten Bands Jamaikas gehörte.

Für den internationalen Erfolg kam alles zur richtigen Zeit zusammen: Dem britisch-jamaikanischen Produzenten Chris Blackwell gelang es, ein junges Rock-Publikum für die Musik zu begeistern, indem er den Songs Rockgitarren und Keyboards beimischte. Eric Clapton brachte mit seiner Version den Song „I Shot the Sheriff“ 1973 in die internationalen Hitparaden.

In den 1970er Jahren wuchsen außerdem in den USA und Europa Bewegungen junger Menschen, die dem Establishment und dem Kapitalismus kritisch gegenüberstanden und sich für Solidarität mit Entwicklungsländern und Frieden starkmachten. Hier fielen die Botschaften eines authentisch auftretenden Musikers aus der damals sogenannten Dritten Welt auf einen überaus fruchtbaren Boden.

Als kreativer Songschreiber prangerte Marley Unterdrückung an („Get Up, Stand Up“) und gab der Sehnsucht der Sklaven-Nachkommen nach Afrika eine Stimme („Exodus“). Und er schrieb hit-taugliche Liebeslieder wie „No Woman, no Cry“. Zugleich agierte der Musiker als cleverer Geschäftsmann, der sich mit seinem eigenen Studio und Label „Tuff Gong“ seine Unabhängigkeit sicherte.

Materieller Reichtum habe für ihn keine Bedeutung, sagte Marley einmal in einem Interview. Leben bedeute für ihn Reichtum. Reggae und die Musik seien lediglich Vehikel für die religiöse Botschaft.

Marley hing, wie viele Reggaemusiker, dem Rastafari-Glauben an, bei dem die Bibel aus einer afrikanischen Perspektive ausgelegt wird. Das verheißene Land ist der Kontinent Afrika, als Gottheit wird der frühere äthiopische Kaiser Haile Selassie verehrt. Die Rastas ernähren sich zu einem großen Teil von Früchten und Kräutern, lehnen Alkohol und Tabak ab. Das Rauchen von Cannabis wird hingegen als Mittel zum Meditieren gesehen.

Auf der Höhe der bürgerkriegsähnlichen Zustände in der einstigen britischen Kolonie trat Marley 1978 auf dem „One Love Peace Concert“ in Jamaikas Hauptstadt Kingston auf. Marley holte die beiden Kontrahenten, Ministerpräsident Michael Norman Manley und Oppositionsführer Edward Seaga, auf die Bühne und legte ihre Hände ineinander.

Auf dem Konzert zeigte er auch die Narben von Schusswunden eines bis heute nicht aufgeklärten Anschlags auf ihn. Zwei Jahre zuvor waren bewaffnete Männer in sein Haus eingedrungen und hatten auf ihn, seine Frau Rita Marley und seinen Manager geschossen.

Während einer Tournee durch die USA brach Marley im September 1980 beim Joggen im New Yorker Central Park zusammen. Es wurde eine Krebserkrankung festgestellt. Leber, Lunge und Gehirn waren von Tumoren befallen. Auch eine Therapie in einer bayerischen Klinik am Tegernsee konnte ihn nicht mehr retten. Marley ließ sich nach Miami fliegen, wo er im Beisein seiner Frau und seiner Kinder am 11. Mai 1981 starb.

In Jamaika wurde Marley mit einer nationalen Trauerfeier im Stadion von Kingston geehrt. Beigesetzt wurde er in einem Mausoleum, mit Bibel, seiner roten Gibson-Gitarre und einem Cannabiszweig.

Der Erfolg Marleys ebnete nicht nur den Weg für weitere Musiker aus Jamaika wie Peter Tosh oder für Bands wie „Burning Spear“ oder „Black Uhuru“. Reggae wurde auch in der Musik von „The Police“, „The Clash“, Tina Turner oder Boy George Mainstream. Einige seiner mehr als zehn Kinder von verschiedenen Frauen sind selbst bekannte Musiker und Musikerinnen geworden. Der Nachlass, der von der Witwe Rita Marley verwaltet wird, soll sich auf mehr als 600 Millionen US-Dollar belaufen.

Von Holger Spierig