
Irgendwie scheint Eric Clapton die Welt nicht mehr zu verstehen. „Slowhand“, so sein Spitzname, gilt als der wohl einflussreichste weiße Blues-Gitarrist. Songs wie „Sunshine of your Love“, „Layla“ oder „Wonderful Tonight“ sind weltbekannt. Seit einiger Zeit aber hat sich der Gitarrist zur Enttäuschung mancher Fans verändert: Clapton, den das US-amerikanische Musikmagazin „Rolling Stone“ seit Jahren hinter Jimi Hendrix auf Platz zwei der „100 größten Gitarristen aller Zeiten“ auflistet, fiel in den vergangenen Jahren mit kruden Äußerungen und Aktionen auf.
Zuletzt unterstützte der Musiker, der am 30. März 80 Jahre alt wird, Impfgegner und Verschwörungserzähler und zeigte in einem Interview Sympathien für Russland unter Wladimir Putin. Mit dem „Pink Floyd“-Mastermind Roger Waters, der sich wegen seiner Ausfälle gegen Israel den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen muss, würde er „gerne in Petersburg oder Moskau spielen“, sagte Clapton. Und die Nachrichten in den Medien seien nur „Propaganda“ westlicher Politik. Wie manche Musiker der liberalen Blumenkinder-Generation der 1960er Jahre sei auch Clapton besonders in der Corona-Zeit politisch nach rechts abgedriftet, analysiert die „Los Angeles Times“.
Mitte der 1960er Jahre war er einer der wichtigsten Protagonisten der „British Blues Invasion“, die die etwas angestaubte Musik der schwarzen US-Amerikaner einer jungen Generation nahebrachte. Als Mitglied von Bands wie John Mayall's „Bluesbreakers“, den „Yardbirds“, der ersten Supergroup „Cream“ und dann ab 1970 als Solokünstler machte er Karriere. 280 Millionen Tonträger hat er schätzungsweise verkauft.
Clapton, der 1945 in der Grafschaft Surrey bei London zur Welt kam und bei seinen Großeltern aufwuchs, war schon immer konservativ - und auch musikalisch ein Traditionalist: Als er 1963 mit 18 Jahren als Musiker startete, wollte er nur den klassischen Blues seiner Vorbilder spielen - über Popmusik rümpfte er die Nase. Der Eigenbrötler, der nach eigenen Worten „am liebsten unsichtbar in der Ecke stehen und Musik spielen würde“, warf als Bandmusiker schnell das Handtuch.
Auch privat war Clapton, der für sein emotionsgeladenes Gitarrenspiel gerühmt wird, lange ein Suchender. Er stürzte sich in eine unglückliche Liebesbeziehung mit Pattie Boyd, der Frau seines Freundes George Harrison von den „Beatles“. Er nahm Heroin, war viele Jahre lang alkoholsüchtig.
Mit seiner Version von „I Shot the Sheriff“ von Bob Marley gelang ihm dann 1974 nicht nur ein Comeback. Er machte zudem die jamaikanische Reggae-Musik einem größeren Publikum bekannt. Gleichzeitig hängt ihm bis heute ein rassistischer Ausfall gegen schwarze Migranten an: „Haltet England weiß“, skandierte er 1976 bei einem Konzert in Birmingham einen Slogan der rechtsextremen Partei British National Front. Zudem rief zur Wahl des erzkonservativen britischen Politikers Enoch Powell zum Ministerpräsidenten auf, der vor vermeintlich negativen Folgen der Einwanderung warnte.
Bis heute ist Eric Clapton ein Bewahrer der Bluesmusik. In den 1970er Jahren reduzierte er sein wild-virtuoses Gitarrenspiel, Songs wie „Lay Down Sally“ erklangen im Countrysound. In Richtung Popmusik ging er dann im Folgejahrzehnt. Nachdem sein Sohn Connor 1991 bei einem Unfall gestorben war, verarbeitete er seinen Schmerz in der Akustikballade „Tears in Heaven“. Zurück auf die Bühne fand er 1992 mit einem akustischen Konzert für den Musiksender MTV - es begründete den „Unplugged“-Boom.
„Old Sock“ (Alte Socke) betitelte Clapton selbstironisch ein Album (2013). Gerne spielt er live mit jüngeren Kollegen wie Derek Trucks, John Mayer oder auch Joe Bonamassa. „Er singt und jeder Ton sitzt. Er spielt und jede Phrase passt“, würdigt Bonamassa ihn. Für Henrik Freischlader aus Wuppertal, der als vielleicht bester deutscher Bluesgitarrist gilt, ist Clapton für das Genre nicht wegzudenken: „Er hat viel für den Blues getan, er ist mit ein paar Tönen erkennbar.“ Andere Gitarristenkollegen wie der verstorbene Hardrocker Eddie Van Halen bemängeln indes, Clapton trete musikalisch auf der Stelle.
Der bärtige Brillenträger Clapton, Vater von vier Töchtern, lebt heute zurückgezogen mit seiner zweiten Frau in England und den USA. Seit Jahren unterstützt er eine Reha-Klinik für Suchtkranke auf der Karibikinsel Antigua. Auch wenn das große Publikumsinteresse nachgelassen hat, veröffentlicht er noch regelmäßig seine Musik, zuletzt das Album „Meanwhile“ (2024). Dieses Jahr gibt er Konzerte in Japan, Frankreich, Italien und den USA.
Eric Clapton will es halten wie B.B. King und andere große Bluesmusiker, die noch im hohen Alter durch die Lande tingelten: „Ich mache weiter, solange ich kann.“