Die Evangelische Kirche von Westfalen muss in den kommenden Jahren massiv sparen: Um wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, soll bis 2028 ein jährliches Defizit von rund 25 Millionen Euro ausgeglichen werden, wie Finanzchef Arne Kupke am Montag vor der westfälischen Landessynode erläuterte. Noch immer „irritiert“ ist die viertgrößte deutsche Landeskirche nach den Worten des Theologischen Vizepräsidenten Ulf Schlüter zudem durch den Rücktritt von Annette Kurschus als Präses vor einem Jahr.
Ursprünglich sollte auf der am Sonntag begonnenen Herbsttagung der Landessynode über die Nachfolge der 61-jährigen Theologin entschieden werden. Der einzige Bewerber Michael Krause zog aber seine Kandidatur wegen Hinweisen auf eine mögliche Überschreitung persönlicher Grenzen zurück.
Am Sonntagabend rief Kurschus als Gast der Synode in einer kurzen Rede dazu auf, gemeinsam nach vorne zu blicken - und bekam viel Applaus. Am Montag wurde ein neuer Termin für die Wahl des oder der neuen Präses genannt: Vermutlich am 29. März solle die Synode entscheiden, wer künftig an der Spitze der 1,9 Millionen westfälischen Protestanten steht, sagte Schlüter, der die Präses-Aufgaben übernommen hat.
Finanzdezernent Kupke konstatierte in seiner Haushaltsrede auf allen Ebenen eine „Schieflage der kirchlichen Haushalte“ und mahnte zu einer weiterhin äußerst sparsamen Haushaltsausführung. Die Landeskirche müsse zudem „drängende Transformationsschritte“ gehen. Im Allgemeinen Haushalt der landeskirchlichen Ebene, in den rund 47 Millionen Euro aus Kirchensteuereinnahmen fließen, müssen die Ausgaben dauerhaft um mindestens 14 Millionen Euro reduziert werden.
Die Probleme auf der Einnahmeseite erklärte Kupke mit der stagnierenden Wirtschaftslage, mangelnden Steuereinnahmen und der demografischen Entwicklung: „Wir werden jedes Jahr weniger und damit sinkt unsere Finanzbasis Jahr für Jahr.“ Die Kirchenaustritte steigerten diesen Effekt. Zusätzlich belastet würden die kirchlichen Haushalte durch die aktuelle Finanzkrise von Bund, Ländern und Kommunen.
Schlüter rief in seinem Jahresbericht vor der Synode dazu auf, sich auf den kirchlichen Auftrag zu besinnen, die „Kommunikation des Evangeliums“. Dies gelte besonders angesichts der aktuellen Krisen in der Welt. Mit Blick auf sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch sagte er, dies müsse auf allen Ebenen und in allen Arbeitsbereichen als Teil der Realität der evangelischen Kirche wahrgenommen werden.
Die Theologieprofessorin Isolde Karle wies darauf hin, dass die evangelische Kirche überwiegend „eine bildungsbürgerliche Kirche“ sei, die in ihrer Sprache und in ihren Formen zu wenig Rücksicht auf Menschen mit geringer Bildung oder mit niedrigem sozialem Status nehme. Menschen in Armut oder mit Migrationshintergrund müssten viel stärker beteiligt werden, sagte die Professorin für Praktische Theologie der Bochumer Ruhr-Universität vor dem Kirchenparlament. Einen kritischeren Blick forderte sie auch auf kirchlichen Rassismus. Diversität bereichere die Gesellschaft.
Die Synode tagt noch bis Mittwoch. Themen sind unter anderem die Finanzen, sexualisierte Gewalt und die Wahl von zwei neuen Kirchenleitungsmitgliedern.