
Der langjährige rheinische Vizepräses Christoph Pistorius hat dazu aufgerufen, die Finanzierung der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt auch in Zeiten von Sparzwängen zu gewährleisten. Für die Aufarbeitung seien Ressourcen nötig, sagte der Anfang März in den Ruhestand getretene Oberkirchenrat dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Düsseldorf. „Und die müssen wir für dieses wichtige Thema aufwenden - auch in einer Zeit, in der es finanziell eher bergab geht.“ Die Evangelische Kirche im Rheinland muss bis 2030 mindestens 33 Millionen Euro einsparen.
Dass alle Gliedkirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sich darauf festgelegt haben, die Ergebnisse aus dem Beteiligungsforum umzusetzen, sei eine wichtige Entscheidung gewesen, sagte Pistorius. In dem Gremium beraten Vertreterinnen und Vertreter von Betroffenen und Kirche über den Umgang mit sexualisierter Gewalt. „Damit haben wir viele Diskussionen abgekürzt, die sich aus meiner Sicht einfach verbieten“, betonte er.
Eine Zeit lang hätten die einzelnen Landeskirchen bei der Aufarbeitung eigenständig arbeiten wollen. „Wenn man dann von draußen draufschaut, wirkt das durchaus willkürlich“, räumte der Theologe ein. Diskussionen über das Vorgehen hätten Zeit gekostet, Kräfte gebunden „und natürlich auch den Eindruck erweckt, als hätte es was zu tun mit der Motivation oder der Bereitschaft zur Aufarbeitung“.
In den kommenden Wochen nehmen die Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen ihre Arbeit auf. Um dies zu erleichtern, hätten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte die Fälle der rheinischen Landeskirche noch mal gesichtet, beschrieben und fachlich eingeordnet, erklärte Pistorius. Mit dem Kirchenkreis Wuppertal erprobe die rheinische Kirche zudem die Aufarbeitung von Akten aus Kirchenkreisen und Kirchengemeinden. Das sei deutlich komplexer als die eigenen Akten im Landeskirchenamt aufzubereiten, sagte der Theologe.
Insgesamt sei die rheinische Kirche bei dem Thema mittlerweile gut aufgestellt und er könne die Aufgabe loslassen, sagte Pistorius. Beim Kontakt mit betroffenen Menschen falle ihm das schwerer. „Es erfüllt mich mit Dankbarkeit und Demut, dass Menschen, die in Kirche oder Diakonie sexualisierte Gewalt erfahren haben, überhaupt noch mit einem Repräsentanten von Kirche in ein offenes Gespräch gehen und auch bereit sind, sich einzubringen.“ Doch nun gehe es darum, dass nicht er als Person, sondern „die Institution sich weiter darum kümmert und das wird auch gewährleistet sein“, betonte der Theologe.
Als Oberkirchenrat leitete der heute 63-jährige Pistorius ab 2013 die Personalabteilung im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland. Seit 2014 war er zudem theologischer Vizepräses und damit Vertreter des Präses. Antje Menn, zuvor Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Lennep, übernimmt seine Position.