Pfarrerinnen und Pfarrer sollen in der Evangelischen Kirche im Rheinland künftig nicht mehr verbeamtet werden: Die zweitgrößte deutsche Landeskirche strebt eine Umstellung auf privatrechtliche Dienstverhältnisse an, wie die Landessynode in Bonn beschloss. Ein konkreter Vorschlag soll der nächsten rheinischen Synode in einem Jahr vorgelegt werden. Voraussetzung für die Umsetzung ist, dass sich keine Risiken für die Landeskirche ergeben, „die in einem Missverhältnis zu den Chancen stehen“.
Hintergrund ist, dass mit jeder neu verbeamteten Pfarr- oder Verwaltungsperson Rechtsverpflichtungen für rund 60 Jahre eingegangen werden. Diese Versorgungslasten will man künftigen Generationen nicht mehr aufbürden, Angestelltenverhältnisse sind Berechnungen zufolge zudem auf Dauer rund eine Million Euro günstiger. Den grundsätzlichen Beschluss für den Umstieg fasste das Kirchenparlament nach langer und intensiver Debatte mit zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen.
„In Zukunft schließen sich finanzielle Handlungsspielräume, wenn wir jetzt nicht etwas tun“, sagte die Leiterin der Personalabteilung der Landeskirche, Iris Döring. Die Zahl aktiver öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse sei zwar von 2015 bis 2023 um jährlich 3,3 Prozent gesunken, die Zahl der Pensionäre jedoch von 4.300 auf knapp 5.000 Menschen gestiegen. Wenn jetzt jemand mit 30 Jahren verbeamtet werde, gehe die rheinische Kirche Verpflichtungen bis möglicherweise 2085 ein.
Die Umstellung soll möglichst mit allen 20 Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angegangen werden, im Zweifelsfall nur mit einigen oder notfalls auch alleine. Nach Einschätzung des Saarbrücker Superintendenten Christian Weyer gibt es in der EKD derzeit einen „starken Zug“, ergebnisorientiert das Dienstverhältnis umzustellen: „Es sind nur noch wenige Landeskirchen, die das wirklich ablehnen“, sagte er.
Diejenigen, die nichts verändern wollten, hätten ein anderes Gehaltsniveau oder andere Bedingungen für verbeamtete Pfarrpersonen. Er gehe davon aus, dass es „keine Massenbewegung rheinischer Theologiestudierender nach Bayern oder nach Sachsen geben wird“, sagte Weyer mit Blick auf das Argument, ohne Beamtenverhältnis würden rheinische Pfarrstellen weniger attraktiv.
In der Debatte wurde aber auch argumentiert, mit der Umstellung werde der Pfarrberuf attraktiver und zeitgemäßer. So könnten sich Amtsinhaber in Gewerkschaften organisieren und vom Streikrecht Gebrauch machen. Viele Pfarrerinnen und Pfarrer würden zudem gerne andere berufliche Erfahrungen machen, blieben aber bislang aufgrund des Beamtenstatus in ihrer Stelle. Als Stichwörter für mehr Attraktiviät durch privatrechtliche Anstellung wurden Arbeiten in multiprofessionellen Teams, Zusammenwirken der Ämter und Berufe, Berufszufriedenheit, Entgeltstruktur, Arbeitszeit, Erreichbarkeit und Residenzpflicht genannt.