Verteidigungsexperte Masala für gemeinsames Lagebild in Deutschland
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Bundeswehr
Politikwissenschaftler betont Bedeutung gesellschaftlicher Resilienz
Saarbrücken (epd).

Der Militärexperte Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München wirbt für einen nationalen Sicherheitsrat in Deutschland zur engeren Koordination zivil-militärischer Beziehungen. Dabei gehe es nicht um Außenpolitik, sondern um eine engere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, sagte der Professor für Internationale Politik bei einer Veranstaltung der saarländischen Staatskanzlei in Saarbrücken. Auch brauche es ein gemeinsames Lagebild in Deutschland. „Es müssen alle Daten rein und alle, die mit Sicherheit zu tun haben, müssen darin vertreten sein“, betonte er.

Bisher gebe es keine Stelle, wo etwa Militär und Polizisten sitzen, die erkennen könnten, ob es sich um einen hybriden Angriff auf Deutschland oder Zufälle handele. Bisher scheitere dies auch an Datenschutzbestimmungen. „Die Schaffung eines einheitlichen Lagebildes würde uns reaktionsfähiger machen“, betonte Masala. Hybride Angriffe seien „so attraktiv“, weil sie in den Grenzbereich zwischen innenpolitischer und außenpolitischer Verantwortlichkeit zielten. „In einem föderalen Staat wie unserem ist dann die Verwirrung natürlich nochmals größer als in einem zentralistischen Staat“, sagte er.

Für Russland sei die hybride Kriegsführung in Form von Desinformation, Sabotage, Spionage und der Unterstützung von extremistischen populistischen Parteien in Europa von der gleichen Qualität wie militärische Kriegsführung, betonte er. Seit mehr als zehn Jahre agiere Russland so gegen Deutschland. Das Ziel sei, Menschen zu suggerieren, dass der demokratische Verfassungsstaat nicht in der Lage sei, tagtägliche Probleme zu lösen.

Deswegen seien resiliente, also widerstandsfähige, Gesellschaften wichtig. Resilienz hänge davon ab, dass allen klar werde, dass die demokratische Staatsform wert sei, verteidigt zu werden, erklärte der Militärexperte. Es gehe jedoch nicht nur um die Verteidigung der Demokratie mit der Waffe, sondern auch um den tagtäglichen Einsatz gegen diejenigen, die an der Problemlösungsfähigkeit des demokratischen Staates zweifelten.

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) betonte, dass Resilienz mit psychischer Verfasstheit zu tun habe: „Wir müssen an dieser inneren Verfasstheit alle miteinander auch arbeiten.“ Resiliente Gesellschaften zeichnen sich laut Masala etwa dadurch aus, dass Menschen sich ehrenamtlich engagieren. Er warb dafür, viel stärker in der schulischen Bildung zu verankern, dass Demokratien nicht gottgegeben seien.

Mit Blick auf die Debatte um eine allgemeine Wehrpflicht betonte Masala, dass er das schwedische Modell für sinnvoll halte. Demnach solle jeder an seinem 18. Geburtstag angeschrieben, dann gemustert werden und sich dafür oder dagegen entscheiden. „Jeder muss sich einmal im Leben Gedanken darüber machen, ob er sich dafür interessiert oder nicht“, unterstrich er. „Diesen Prozess möchte ich wieder auslösen.“ Dann entschieden sich möglicherweise auch mehr Menschen wieder für Blaulichtorganisationen.

„Wir leben in einer Übergangszeit“, sagte Masala mit Blick auf die internationale Politik. Russland führe einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, China werde immer aggressiver und die USA verabschiedeten sich aus der Rolle des Sicherheitsgaranten. „Die Welt ändert sich und sie ändert sich so nachhaltig“, unterstrich er. Nach vier Jahren Donald Trump werde sich die Frage stellen, was noch reparierbar sei. „Es wird nicht wieder gut“, betonte der Militärexperte. Russland gehe es darum, Europa zu dominieren. Europa habe die Chance, mitzugestalten oder Opfer dessen zu werden, „was um uns herum geschieht“.