Stiftung wirbt für mehr altersgerechte Jobs
a:0:{}
Experten skeptisch gegenüber Ende der "Rente mit 63"
Gütersloh (epd).

Mehr finanzielle Anreize, altersgerechte Arbeitsplätze, Entlastung bei Pflege und Betreuung: Eine stärkere Aktivierung von Arbeitnehmern zwischen 55 und 70 Jahren könnte nach Prognosen der Bertelsmann Stiftung einen demografisch bedingten Rückgang der Erwerbstätigkeit erheblich verringern. Bis zum Jahr 2035 sollen den Prognosen zufolge bis zu 1,36 Millionen Vollzeitbeschäftigte aktiviert werden können, wie die Bertelsmann Stiftung in Gütersloh bei der Präsentation einer aktuellen Studie erklärte.

Eine derzeit diskutierte Abschaffung der abschlagsfreien Rente für besonders langjährig Versicherte („Rente mit 63“) habe hingegen nur einen geringen Beschäftigungseffekt, erklärte die Stiftung. Potenzial sieht die Stiftung hingegen bei älteren Menschen, die in Teilzeit arbeiten, sowie bei über 65-jährigen Menschen, die gesundheitlich nicht eingeschränkt seien. Auch Menschen, die nicht erwerbstätig seien, jedoch noch keine Rente bezögen, könnten Angebote für einen Wiedereinstieg in das Arbeitsleben gemacht werden.

Mehr als ein Viertel der älteren Arbeitnehmer in Teilzeitstellen stünden aus Gründen wie Krankheit, einer dauerhaften Erwerbsminderung sowie wegen Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen nicht für eine Vollzeitstelle zur Verfügung, erklärte die Stiftung. Eine bessere Gesundheitsvorsorge, altersgerechte Arbeitsplätze sowie mehr Entlastung bei Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen sowie finanziellen Anreize könnten zu einer Aufstockung der Arbeitszeit führen.

Bei Altersrentnern, die gesundheitlich nicht eingeschränkt seien, könnten nach Einschätzung der Stiftung finanzielle Anreize und passgenaue Arbeitsangebote mehr Erwerbsarbeit ermöglichen. Bei Menschen, die nicht mehr arbeiten, jedoch noch keine Rente beziehen, habe mehr als jeder dritte dieser Gruppe angegeben, dass der Partner oder die Partnerin bereits eine Rente beziehe. Hier könne eine Kombination aus gesundheitsfördernden Maßnahmen, Betreuungsmöglichkeiten für pflegebedürftige Angehörige und finanziellen Anreizen eine stärkere Beteiligung am Arbeitsleben fördern.

Angesichts des Fachkräftemangels sei die Gesellschaft mehr denn je auf die Arbeitskraft und Erfahrung Älterer angewiesen, erklärte der Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung, Eric Thode. Der Anteil derjenigen, die sich früh aus dem Erwerbsleben zurückziehen, werde jedoch immer größer.

Wenn Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen würden, könnten 1,36 Millionen Ältere in Zukunft in größerem Umfang auf dem Arbeitsmarkt aktiv sein und den demografisch bedingten Rückgang nahezu ausgleichen, sagte André Schleiter, ebenfalls Arbeitsmarktexperte der Stiftung. Dazu brauche es ein Bündel aus passgenauen Maßnahmen.

Laut der Studie würde durch eine alternde Gesellschaft die Zahl der älteren Erwerbstätigen bis zum Jahr 2035 um 1,5 Millionen Menschen auf knapp neun Millionen zurückgehen. Zugleich gebe es rund acht Millionen Menschen, die wegen Rente, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder anderen Faktoren nicht erwerbstätig seien.

Die Stiftung verwies auf Schweden als positives Beispiel. Dort gelinge es seit langem, älteren Menschen bessere Beschäftigungsperspektiven zu bieten und sie länger im Job zu halten.

Für die Studie „Beschäftigungspotenziale Älterer - Umfang und Realisierungschancen bis 2035“ haben Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) unter anderem auf Basis des Mikrozensus und des Sozio-oekonomischen Panels berechnet, wie sich das Beschäftigungspotenzial Älterer bis zum Jahr 2035 voraussichtlich entwickeln wird. Dazu wurden für einzelne Potenzialgruppen bestehende Hemmnisse und förderliche Faktoren für eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit untersucht.