Sprunghafter Anstieg bei rechtsextremen Straftaten in NRW
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Düsseldorf (epd).

Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten ist im Jahr 2024 in Nordrhein-Westfalen stark gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden 5.641 solcher Straftaten von der Polizei erfasst und damit 59 Prozent mehr als 2023, wie das NRW-Innenministerium in Düsseldorf bei der Veröffentlichung des Lagebilds Rechtsextremismus erklärte. 2023 seien noch 3.549 Fälle verzeichnet worden. „Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für unsere Demokratie“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU).

Dem stimmten auch SPD und Grüne zu. Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, Christina Kampmann, nannte die Entwicklung „alarmierend“ und „eine erhebliche Bedrohung für unsere Gesellschaft“. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Verena Schäffer bezeichnete Rechtsextremismus als „eine wachsende Gefahr für unsere Demokratie“.

Mit einem Anteil von 78 Prozent machten Propagandadelikte (3.511) und Volksverhetzung (839) den Großteil der 2024 erfassten rechtsextremistischen Straftaten aus, hieß es. Die Zahl der Gewaltdelikte sei um ein Drittel auf 154 Straftaten angestiegen. Die meisten Fälle (94 Prozent) seien Körperverletzungen gewesen. Im Bereich Hasskriminalität zeige sich ein Plus von 43 Prozent. Hier weist das Lagebild 2.049 Straftaten aus. Auch der Anteil der Tatverdächtigen in der Altersgruppe der 14- bis 17-Jährigen habe sich stark erhöht und liege nun bei 287 Jugendlichen. 2023 waren es noch 100 minderjährige Tatverdächtige.

Die rechtsextremistische Szene sei jünger und moderner geworden, heißt es in dem Lagebild. „Weniger Glatze und Springerstiefel, dafür mehr Kurzvideos, Gaming und Active Clubs. Davon dürfen wir uns aber nicht täuschen lassen“, mahnte Reul. Um rechtsextreme Ideologie zu verbreiten, werde auf Entgrenzung gesetzt und viele Menschen würden über die sozialen Medien mobilisiert. Dabei werde auch mit KI experimentiert. Auf Social-Media-Plattformen würden hohe Reichweiten für rechtsextreme Propaganda erzielt. Kurzvideos bei TikTok, Instagram und Youtube spielten dabei eine zunehmend größere Rolle. Auch rechtsextremistische Radikalisierung findet immer öfter online statt.

In dem Bericht werden unterschiedliche Strömungen und Gruppierungen des Rechtsextremismus beleuchtet - auch im Zusammenhang mit der AfD. Trotz aller Unterschiede sei es weitgehender Konsens in der rechtsextremen Szene, Flüchtlinge und Muslime als „Sündenbock“ vieler relevanter Probleme und als Feindbild darzustellen. Aber auch Vertreter des demokratischen Systems würden von Rechtsextremisten vermehrt als „Volksverräter“ angefeindet.

Die Grünen-Politikerin Schäffer zeigte sich besorgt über den gleichzeitigen Anstieg von antisemitischen, islamfeindlichen und queerfeindlichen Straftaten, die alle überwiegend auf das Konto von rechtsextremistischen Tätern gingen. „Rechtsextreme fühlen sich offensichtlich bestärkt durch die Wahlergebnisse der verfassungsfeindlichen, rassistischen AfD und greifen gezielt Minderheiten an.“ Neben einer konsequenten Strafverfolgung mahnte sie „die Entschlossenheit der gesamten Gesellschaft“ an, gegen rechtsextreme und menschenverachtende Hetze vorzugehen.

„Rechtsextremisten halten sich durch Hass und Hetze am Leben. Dem dürfen wir keinen Raum geben“, sagte auch Minister Reul. Der Verfassungsschutz habe die Entwicklungen im Blick. Wichtig sei aber auch, dass Bürgerinnen und Bürger „für ihre Demokratie eintreten und rechte Hetze in die Schranken weisen“. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Elisabeth Müller-Witt forderte, vor allem präventive Maßnahmen weiter zu verstärken.„ Dazu gehört, mehr in die politische Bildung zu investieren, die Landeszentrale zu stärken und zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, die die sozialen Medien bedienen.“