Diakonie RWL mahnt zu mehr Sachlichkeit in der Asyldebatte
s:90:"Gedenken mit Blumen und Kerzen an die Opfer des Attentats von Solingen an der Stadtkirche.";
Gedenken mit Blumen und Kerzen an die Opfer des Attentats von Solingen an der Stadtkirche.
Düsseldorf (epd).

In der Debatte um eine Verschärfung des Asylrechts nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Mordanschlag in Solingen mahnt die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) zu mehr Besonnenheit. „Es braucht dringend eine Versachlichung der Diskussion in einer Weise, die unsere freiheitlichen Werte und die Regeln des Rechtsstaats respektiert“, betonte Diakonie-Vorstand Christian Heine-Göttelmann in Düsseldorf.

Es sei „weder hilfreich noch unserer demokratischen Gesellschaft dienlich“, alle in Deutschland Asyl suchenden Menschen unter „Generalverdacht“ zu stellen. Alle Menschen auf der Suche nach Schutz müssten weiterhin menschenwürdig behandelt werden. Dazu gehöre auch, dass Schutzsuchende in Deutschland ein Recht auf staatlich unabhängige Beratung hätten, so der Vorstand der Diakonie RWL.

Bei dem Messerangriff auf einem Stadtfest in Solingen am 23. August waren drei Menschen getötet worden. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, lebte in einer Flüchtlingsunterkunft in der Stadt. Er war den Ermittlungen zufolge 2022 über Bulgarien in die EU eingereist und stellte in Bielefeld einen Asylantrag. Vor einer Rückführung nach Bulgarien, das laut Dublin-Abkommen für ihn zuständig gewesen wäre, tauchte er in Deutschland unter. Nach Ablauf der sogenannten Überstellfrist wurde er der Stadt Solingen zur Unterbringung zugeteilt.

Als Konsequenz aus dem Anschlag hatten sowohl der Bund als auch die NRW-Landesregierung „Sicherheitspakete“ als Gesetzentwürfe vorgestellt. Sie sehen unter anderem leichtere Abschiebungen, härtere Regeln im Asylverfahren und mehr Befugnisse für die Polizei vor. Auch Menschen mit bereits anerkanntem Schutzstatus können diesen künftig schneller verlieren, etwa wenn sie Straftaten aus einem antisemitischen oder rassistischen Beweggrund begehen. NRW will zudem im Zuge von Einsparungen im Haushalt die Angebote zur Asylverfahrensberatung für Geflüchtete kürzen. Auch die Förderung interkultureller Zentren soll gestrichen werden.

Solche Kürzungen seien jedoch der falsche Weg, weil sie den „Zusammenhalt von morgen“ gefährdeten, warnte Heine-Göttelmann: „Investitionen in gute Beratung tragen zu besserer Integration und somit auch zu mehr Sicherheit in der Gesamtgesellschaft bei. Solingen hat gezeigt: Gerade jetzt braucht es mehr und nicht weniger Beratungsangebote.“ Besonders besorgniserregend sei dabei die Streichung der Asylverfahrensberatung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Damit verliere diese besonders schutzbedürftigen Gruppe die Möglichkeit, ihre Rechte angemessen wahrzunehmen.

Inkonsequent sind die Kürzungen aus Sicht der Diakonie auch, weil das Land NRW zugleich mehr Plätze für Asylbewerber plant. Sie sollen von derzeit knapp 35.000 auf 41.000 steigen. Auch die Zahl der aktuell 57 Landesunterkünfte soll auf bis zu 75 erhöht werden. Dafür brauche es aber „mehr und nicht weniger“ Beratungsangebote, so die Vorsitzende des Diakonie-Fachverbands Migration und Flucht, Barbara Geisler-Hadler.

Gegen die Kürzungspläne will die Freie Wohlfahrtspflege in NRW am 13. November vor dem Düsseldorfer Landtag demonstrieren. Dazu werden nach Angaben der Diakonie bis zu 25.000 Teilnehmer erwartet.