Wenn Katja Kayser das Frisbee wirft, ist „Arya“ aus dem Häuschen: Die Hündin mit dem langen schwarz-weißen Fell springt, hüpft und rennt, um die Wurfscheibe schnell zu apportieren. „Sie ist eine Mischung aus Hütehunden wie dem Australian Shepherd und immer wachsam“, sagt ihr „Frauchen“ Katja Kayser stolz. Arya, benannt nach einer Figur aus dem Fantasy-Epos „Game of Thrones“, liegt Kayser am Herzen. Deshalb ist die 56-jährige Münsteranerin froh, dass die Hündin erst mal weiterhin bei ihr wohnt - denn Arya ist ein Trennungshund, seit Kayser und ihr Mann nicht mehr zusammen sind.
„Im Trennungsjahr holt sie mein Ex immer wieder zu sich, meist an den Wochenenden“, erzählt Kayser. Die beiden hätten sich geeinigt, dass die siebenjährige Hündin zunächst bei ihr bleibe, aber er das Tier regelmäßig sehe. Eine solche gemeinschaftliche Lösung ist längst nicht die Regel, weiß Rechtsanwältin Melanie K. Fritz, die sich auf Tierrechts-Fälle spezialisiert hat: „Auf meinem Schreibtisch landet alle zwei oder drei Wochen ein Fall, bei dem sich ein Paar nach der Trennung um den Hund streitet.“
Wenn ein einstiges Paar vor Gericht ziehen wolle, dann „hat es so richtig gekracht“, sagt Fritz. Dann werde um das Tier häufig so heftig gestritten wie um ein Kind. Etliche Menschen haben eine tiefe emotionale Bindung zu ihrem Hund. Doch auch, wenn es sich um Lebewesen mit Gefühlen handelt, werden Hunde nach den gesetzlichen Vorschriften wie Sachen behandelt.
„Wenn einer der Partner in einer Beziehung ohne Trauschein nachweisen kann, dass er oder sie der Eigentümer ist, weil es einen Kaufvertrag mit Namen gibt, verbleibt der Hund bei ihm oder ihr“, erläutert die Anwältin. Wenn es keinen Kaufvertrag gebe, prüfe das Gericht Fragen wie: „Wer hat den Hund bezahlt? Wer zahlt Versicherung und Steuern? Bei wem lebt das Tier aktuell? Wer kümmerte sich am meisten um den Hund?“
In einer Ehe ist die Rechtslage dagegen etwas anders. Wenn einer der Partner einen Hund in die Ehe eingebracht hat, bleibt das Tier zwar auch in ihrem oder seinem Besitz. Tiere, die während der Ehe erworben worden seien, gehörten dagegen grundsätzlich zum gemeinsamen Hausrat, sagt Fritz: „Nach der sogenannten 'gesetzlichen Vermutung' gelten alle Gegenstände, die in der Ehe angeschafft wurden, als gemeinsames Eigentum des Paares - unabhängig davon, welcher Partner sie erworben hat.“ Der Hausrat sei bei der Trennung „angemessen und gerecht“ zu verteilen. Das gelte auch für Hunde. „Bei Hunden berücksichtigen die Gerichte aber dennoch weitgehend, dass es sich um Lebewesen und nicht um Sachen handelt“, erläutert Fritz. Schließlich hätten auch die Vierbeiner Emotionen und litten möglicherweise unter der Trennung.
Dieser Punkt ist auch dem Deutschen Tierschutzbund wichtig: „Das Tierwohl sollte bei einer Scheidung an erster Stelle stehen“, sagt Kerstin van Kan, Pressereferentin beim Tierschutzbund. Am besten sei es, wenn sich die Partner einigten, dass das Tier bei der vertrautesten Bezugsperson bleibe, und, wenn gewünscht, der andere Partner das Tier sehen könne.
„Hunde sind Gewohnheitstiere und leiden darunter, wenn sie durch Scheidung oder Trennung aus ihrem Alltag oder Umfeld gerissen werden“, erläutert van Kan. Eine völlig neue Lebenssituation führe auch bei den Vierbeinern zu emotionaler Unsicherheit, Stress und sogar Trauer. Werde der Hund beispielsweise plötzlich häufiger alleine gelassen, könnten starke Trennungsängste auftreten.
Wenn sich Paare nicht einigen können, wer das Tier behält, prüft das Gericht auch, wer es künftig am besten versorgen kann und wie die neue Wohn- und Lebenssituation ist. „Für Hunde, die bisher auf dem Land gewohnt haben und in die Stadt mitziehen sollen, bedeutet das unter Umständen großen Stress“, sagt van Kan.
Gerichte entscheiden unterschiedlich, wenn es darum geht, eine Art von „Umgangsrecht“ einzuräumen. Im Juli 2024 lehnte es das Landgericht Potsdam ab, dass ein Mann sich abwechselnd mit der Partnerin um eine gemeinsam angeschaffte Mischlingshündin kümmert. Das Gericht sprach der Partnerin das Alleineigentum zu, weil sie das Tier überwiegend betreut hatte. Sie musste allerdings einen Ausgleichsbeitrag zahlen. (AZ: 7 S 68/23)
Bei zwei Hunde-besitzenden Männern entschied das Landgericht Frankenthal im Mai 2023 anders. Der Hund war zunächst bei einem der Männer geblieben, der getrennte Partner wollte das Tier aber weiter sehen. Das Gericht befand, dass sich die beiden Männern künftig abwechselnd je zwei Wochen um den Hund kümmern sollten.(AZ: 2 S 149/22). In dem konkreten Fall hielt das Gericht das „Wechselmodell“ für sinnvoll.
Ob solche Modelle aber generell im Sinne der Hunde sind, ist nach Auffassung des Tierschutzbundes nicht sicher. „Ob Dog-Sharing funktionieren kann, hängt vom Hund und seinem Charakter ab“, sagt Kerstin van Kan. Wichtig sei aus ihrer Sicht in den meisten Fällen, dass ein Haushalt der Hauptwohnsitz sei, Tagesroutinen gleich blieben und dasselbe Futter verwendet werde.
Beim Mischling Arya ist der endgültige Lebensmittelpunkt noch nicht geklärt. Die Hündin freue sich immer, wenn sie ihr „Herrchen“ wieder sehe, erzählt Katja Kayser: „Er lebt jetzt auf dem Land, mit viel Platz und anderen Tieren.“ Da fühle sich Arya auch sehr wohl - und Katja Kayser hat dann an den Wochenenden Zeit für andere Aktivitäten und Hündinnen-frei.