Schwäbisch schwätzender Hausroboter
Hausrobot
Die Zukunftsvision: Ein helfender Robot für jedermann.
Humanoide Maschinen könnten künftig in jeder Wohnung arbeiten
Metzingen (epd)

Er ist ein humanoider Roboter, 1,80 Meter groß und soll nicht weniger als den Alltag der Menschen revolutionieren. «Ich bin überzeugt davon, dass in zehn Jahren jeder einen Roboter im Haushalt haben wird», sagt David Reger. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Firma Neura Robotics in Metzingen bei Reutlingen.

Der Name 4NE-1 ist nicht zufällig gewählt. Englisch ausgesprochen klingt das wie «for anyone» (für jedermann). Er soll eines Tages den Leuten die Arbeit abnehmen, die sie als lästig empfinden: Spülmaschine ausräumen, Frühstück vorbereiten, Blumen gießen oder Hemden bügeln. «Die Menschen sollen wieder mehr Zeit haben, um sich den wirklich wichtigen Dingen im Leben widmen zu können», sagt Reger. Der Familie zum Beispiel. Ein langgehegter Menschheitstraum.

4NE-1 kann nicht nur sehen und hören, sondern auch tasten. Er spricht alle Sprachen der Erde, natürlich auch Schwäbisch. Wenn man ihn bittet: «Hol mol die Gugg aus dr Waschküch», dann holt der die Tragetasche aus dem Hauswirtschaftsraum. Er soll aber nicht nur Haushaltshilfe sein und einfache Aufgaben übernehmen, sondern auch älteren Menschen ein wichtiger Freund und Ratgeber sein. «Unser Roboter kann den Puls sehen», sagt David Reger. Die Maschine erkenne, wenn jemand fällt, und könne ihm wieder aufhelfen oder den Krankenwagen verständigen. «Er kann die Sicherheit im Haus erhöhen und den Menschen ermöglichen, länger in ihren eigenen vier Wänden zu leben.»

Noch sieht man 4NE-1 an, dass er mehr Roboter als Mensch ist. Seine Bewegungen sind nicht ganz so geschmeidig. Wenn er bügelt, zittern seine Hände. Nur wenig, aber doch wahrnehmbar. «Wir müssen die Regelungen noch weiter verbessern», sagt Alexander Blass. Er ist Head of Operations, Leiter des Betriebs, bei Neura Robotics. Es sei natürlich leichter, wenn sich ein Roboter stabiler auf Rädern fortbewege als aufrecht auf zwei Beinen. «Nächstes Jahr kommt ein Facelift von 4NE-1 heraus.»

Es ist auch für die Metzinger Firma ein Wettlauf mit der Zeit. Wer bringt als Erstes den möglichst perfekten Humanoiden auf den Markt? Neura Robotics ist eines von weltweit vielen Unternehmen, die auf den schnellen Durchbruch hoffen. Es ist ein Milliardengeschäft. Zwischen 5.000 und 10.000 Euro soll er kosten - je nach technischer Ausstattung. Das Unternehmen mit rund 250 Mitarbeitern aus aller Welt hat mehr als 100 Millionen Euro Wagniskapital beschafft. Noch macht es sein Hauptgeschäft mit Industrierobotern. «Aber das meiste Geld werden die Humanoiden bringen», ist sich David Reger sicher, «unsere Ausgangslage ist perfekt.»

Die größten Konkurrenten kommen aus China und den USA. Elon Musk, der reichste Mensch des Planeten, hat vorausgesagt, dass es 2040 eine Milliarde humanoide Roboter auf der Welt geben werde. Er ist selbst in das lukrative Geschäft eingestiegen und lässt Humanoide entwickeln. Und das US-Start-up Figure sammelte im Februar dieses Jahres sogar knapp 700 Millionen US-Dollar für die Entwicklung der neuesten Robotergeneration mit Künstlicher Intelligenz ein, unter anderem von Microsoft und OpenAI.

David Reger ist selbstbewusst genug, damit ihn solch astronomische Summen und Nachrichten nicht einschüchtern. Er baut auf seinen Wissens- und Erfahrungsvorsprung. Elon Musk zum Beispiel habe vorher Autos gebaut, sagt Reger. «Wir bauen schon immer Roboter.» Er setzt darauf, dass die ersten humanoiden Roboter in spätestens fünf Jahren in die ersten Häuser einziehen werden. «Es darf auch gerne schon in zwei Jahren sein.» Die schwierige wirtschaftliche Situation in Deutschland könnte dafür sogar förderlich sein, glaubt er. «Wir haben Druck, Innovationen zu akzeptieren. Unsere Wirtschaft braucht den neuen Zweig, und deswegen wird er deutlich schneller kommen.»

 

Von Matthias Schmid (epd)