Die Stimme des Moorfrosches ist leise. Bald könnte sie in Baden-Württemberg ganz verstummen. Der «Lurch des Jahres 2025», den die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) mit Sitz in Salzhemmerdorf (Landkreis Hameln-Pyrmont) ausgerufen hat, steht auf Platz eins der Roten Liste bedrohter Tierarten. Mit der Auszeichnung will die DGHT für den Schutz der Art werben.
«In den 1980er und 1990er Jahren habe ich an einem Tag etwa 50 Moorfrösche gefunden», sagte der ehrenamtliche Fachberater für Reptilien und Amphibien beim Naturschutzbund Baden-Württemberg (NABU) in Stuttgart, Hubert Laufer, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Heute sei er schon glücklich, wenn er fünf Moorfrösche am Tag finde. Zur Zeit des 1. Weltkrieges sei der Frosch zwischen Mannheim und Basel noch weitverbreitet gewesen.
Hauptursache für den Schwund des Moorfrosches ist die Zerstörung seines Lebensraumes durch den Menschen. Er lebt in lichtdurchfluteten Wiesen, braucht viel Sonne und gleichzeitig Feuchtigkeit. Der Moorfrosch leide unter Trockenheit im Sommer, der Entwässerung der Moore, der Versauerung von Laichgewässern und dem Absinken des Grundwasserspiegels, sagte der Landschaftsökologe, der sich seit über 30 Jahren mit dem Moorfrosch beschäftigt.
«Rana arvalis» (wörtlich: Ackerfrosch), so der wissenschaftliche Name des Moorfrosches, ist eine der seltensten Amphibienarten im Südwesten. Der fünf bis sechs Zentimeter große Moorfrosch ist die kleinste Braunfroschart. Typisch für ihn ist ein deutlich heller Rückenstreifen. Zur Paarungszeit sorgen Hormone dafür, dass manche Männchen zu Balzzwecken wenige Tage ganz oder teilweise himmelblau bis violett gefärbt sind. Der Ruf ist tief und leise und erinnert an ein gedämpftes Blubbern «wie wenn man Wein aus einer Flasche gießt», erklärt der Fachmann. Die Tarnfarbe, die kaum vernehmbare Stimme und die mit 8 bis 14 Tagen recht kurze Fortpflanzungszeit erschweren die Suche nach einem Exemplar des seltenen Tieres.
Die Zahl der Moorfrösche hat Naturschutzverbänden zufolge in den vergangenen Jahren bundesweit abgenommen. In den östlichen Bundesländern kommt er etwas häufiger vor, die Voralpen-Populationen auf bayerischer Seite hingegen gelten als erloschen. Im Südwesten konnte der Moorfrosch zuletzt nur noch in zwei Landkreisen, Karlsruhe und Ravensburg, nachgewiesen werden.
In Kooperation mit dem Zoo Karlsruhe fördert das Regierungspräsidium Karlsruhe seit einigen Jahren ein Programm zur Bestandsstützung des Moorfrosches. «Im Zuge des Projektes werden Laichballen aus den natürlichen Laichgewässern entnommen und in den Zoo Karlsruhe verbracht, wo der Laich und später die Kaulquappen fachgerecht versorgt werden», teilte eine Sprecherin des Regierungspräsidiums auf Nachfrage mit. So konnten 2023 in Dettenheim (Kreis Karlsruhe) rund 700 junge Moorfrösche in die Freiheit entlassen werden. Die Gemeinde begleitet die Maßnahme im Rahmen des Artenschutzprogrammes Amphibien mit Schritten zur Wiederherstellung und Revitalisierung der Laichgewässer. Auch im Raum Ravensburg gibt es ein Projekt zum Arterhalt des Moorfrosches.
Wie alle Tierarten hat der Moorfrosch in der Natur seinen Platz. Fressfeinden wie dem Weißstorch dient er als Energielieferant, er selbst ernährt sich von Insekten oder Raupen. «Für den Menschen ist er ein Frühwarnsystem», ist Laufer überzeugt. Man hätte anhand des massiven Rückgangs der Art schon in den 1980er und 1990er Jahren die heute spürbaren Auswirkungen des Klimawandels erwarten müssen, so der Ökologe. «Wenn wir ein tolles Schutzprogramm für den Moorfrosch machen, helfen wir uns selbst.» Trotz aller Schutzmaßnahmen wie im Kreis Karlsruhe und Ravensburg nehmen die Populationen des Moorfrosches weiter ab.