Justizministerin: Arme sind nicht krimineller
Marion Gentges
Marion Gentes, Ministerin der Justiz und für Migration in Baden-Württemberg.
Projekt "Schwitzen statt sitzen" helfen Straffällig zurück zum normalen Leben
Bad Boll/Stuttgart (epd)

Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) hat der häufig vertretenen These widersprochen, dass arme Menschen krimineller seien als wohlhabende. Kriminologen seien sich einig, dass sich ein Zusammenhang zwischen Armut und Straffälligkeit empirisch nicht nachweisen lasse, sagte Gentges am 22. Juli in der Evangelischen Akademie Bad Boll (Kreis Göppingen). Arme seien häufiger bei Delikten wie Diebstahl und Drogenhandel zu finden, von denen breitere Gesellschaftsschichten betroffen seien, während Wirtschaftskriminalität und Korruption eher von einem privilegierten Teil der Gesellschaft verübt würden, den Einzelnen aber häufig nicht unmittelbar beträfen, sagte Gentges. Vermutlich deshalb sei die These von den „kriminellen Armen“ so verbreitet.

Die Ministerin räumte ein, dass straffällig gewordene Mittellose durch Gefängnisstrafen häufig nicht zu einem normalen Leben zurückfänden. Deshalb habe man das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ ins Leben gerufen. Den Betroffenen bleibe das Gefängnis erspart. Dafür leisteten sie freie Arbeit, die sie zu einem geregelten Tagesrhythmus zurückführe.

Eine Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe für Menschen, die eine Geldstrafe nicht bezahlen können, lehnt Gentges allerdings ab. Die Geldstrafe würde entwertet, wenn das Nichtbezahlen keine Sanktionen hätte. Die Geldstrafe sei dafür gedacht, Menschen vor der Haft zu bewahren, da der Strafvollzug „nicht ausschließlich positive Wirkungen“ auf die Betroffenen habe.

Die Ministerin dämpfte Erwartungen, dass künftig mehr Geld für die Straffälligenhilfe zur Verfügung gestellt werden kann. Der Staat nehme zwar mehr Steuern ein, gleichzeitig habe aber auch die Teuerung stark zugenommen. So sei der Tagessatz zur Ernährung der Gefangenen von 2,39 Euro im Jahr 2017 auf heute 4,69 Euro gestiegen. Die Preise für Medikamente, die Straffällige brauchten, seien binnen weniger Jahre um 80 Prozent nach oben gegangen.

 

(epd)