Restaurator baut Orgeln für Gott und die Welt
Konzertorgel Altobella
Die Konzertorgel Altobella.
Die «Orgelstadt» Waldkirch feiert dieses Jahr 225 Jahre Orgelbau
Waldkirch (epd)

Orgelbau hat in Waldkirch Tradition. Seit 1799 werden in der 22.000 Einwohner Stadt im Schwarzwald Kirchen- und Drehorgeln, Jahrmarkt- und Konzertorgeln gebaut. Bis in die Weihnachtszeit hinein feiert die Orgelstadt dieses Jahr das 225-jährige Orgelbau-Jubiläum. Der Ruf der Stadt als Zentrum für qualitativ hochwertigen Orgelbau geht seit dem 19. Jahrhundert um die Welt. Zentrales Symbol dafür sind zwei überdimensionale Orgelwalzen des Karlsruher Künstlers OMI Riesterer (geb. 1947) am Ortseingang. Alle drei Jahre feiert Waldkirch das Brauchtum mit dem Internationalen Klang- und Orgelfestival.

Das Festival ist beliebt: Jedes Mal kommen Tausende Besucher aus aller Welt dorthin. «Ich glaube, das liegt daran, dass wir hier in unserer Stadt nicht nur fertige Orgelerzeugnisse zeigen und zu Gehör bringen, sondern auch den gesamten Produktionsprozess rund um das Thema in dieses Fest integrieren», sagt Oberbürgermeister Michael Schmieder (parteilos) zur Beliebtheit des Events. Die Vorbereitungen für das nächste Festival (27. bis 29. Juni 2025) seien bereits in vollem Gange.

Der Name Waldkirch sei unter Kennern so mit dem Orgelbau verbunden wie Pforzheim mit der Goldschmiedekunst oder Mittenwald mit Geigen, sagt Wolfgang Brommer dem Evangelischen Pressedient (epd). Er ist einer der vier aktiven Waldkircher Orgelbauer. «Die Orgel ist das größte und vielseitigste Musikinstrument, ein Klangwunder», schwärmt der Orgelbauer und Restaurator.

Zwar werde sie meist als Instrument der Kirche wahrgenommen, sagte er. Tatsächlich könne sie alles: Jazz oder Rockmusik ebenso wie Choräle. Die Orgel sei insofern ein «modernes» Musikinstrument. Die Menschen erlebten es allerdings nicht mehr in seiner ganzen Vielfalt, «weil sie nicht mehr in die Kirche gehen», sagt Brommer.

Wer einen Überblick über den Musikautomaten- und Orgelbau in Waldkirch sucht, wird im dortigen Elztalmuseum fündig. In der Dauerausstellung gibt es Klangbeispiele aus der Jahrhundertwende und dem frühen 20. Jahrhundert von Flötenuhren, Figuren-, Dreh- und Schaustellerorgeln. Hits und Klassiker von den Beatles bis zu Abba spuckt die knallbunte Konzertorgel «Altobella Furiosa» aus.

Sie entstand anlässlich des 200-jährigen Orgelbaujubiläums 1999. Nach dem Entwurf des Künstlers und Malers Otmar Alt fertigten alle vier damaligen Waldkircher Orgelbauwerkstätten das kuriose Instrument an. «Jede Orgel ist ein Individuum», betont Brommer.

«Der Klang einer Orgel soll berühren. Sie übermittelt mit den Klängen Emotionen», erklärt der 65-Jährige, was eine gute Orgel ausmacht. Der Besucher solle sich beim Orgelklang wohlfühlen. Der Orgelbauer braucht somit neben handwerklichem Geschick viel akustisches Feingefühl und musikalisches Grundverständnis.

«Eine Barockorgel klingt anders als eine moderne Orgel», sagt Brommer. Wenn alles passt, gebe die Orgel «den Musikstil einer Zeit ideal wieder», weiß der Orgelbauer, dessen Kunden schon mal aus Korea, Japan oder China angereist kommen. In Deutschland, sagt er, würden meist defekte Nachkriegsorgeln durch neue ersetzt.

Besondere Sorgfalt erfordere die Restauration historischer, denkmalgeschützter Orgeln. «Es geht darum, die Authentizität zu wahren», betont der Restaurator. Jede Pfeife werde zig Male in der Hand herumgedreht und aufs kleinste Detail geprüft. Alles müsse auf den Punkt gebracht werden.

«Wir wissen erst am Schluss, ob wir alles richtig gemacht haben», sagt er und ergänzt: «Eine Spax-Schraube reinzudrehen wäre ein Verbrechen.» Die Leistung der Altvorderen, die die historischen Orgeln gebaut haben, nötige ihm «großen Respekt» ab, erläutert Brommer.

Trotz knapper werdender Kassen ist er überzeugt, dass es auch in Zukunft Instrumentenbauer für die Königin der Instrumente geben wird. Denn: «Musik ist Nahrung für die Seele und die braucht der Mensch wie Essen und Trinken.»

Von Susanne Lohse (epd)