Orgelklänge dringen aus der Johanneskirche in Rutesheim (Landkreis Böblingen). Der 15-jährige Elias Lange sitzt auf der Orgelbank und übt, so wie er es etwa dreimal die Woche macht. Denn der Jugendliche hat ein besonderes Hobby: Fast jeden Sonntag spielt er die Orgel und begleitet im Gottesdienst die Gemeinde beim Singen.
Schon früh hat es ihm die «Königin der Instrumente» angetan: «Meine Eltern haben gesagt, dass ich bereits im Kindergartenalter Orgel spielen wollte», sagt Elias mit einem Grinsen. In der fünften Klasse begann er dann mit dem Orgelunterricht - mit Erfolg: Seit letztem Sommer besitzt er den sogenannten «Befähigungsnachweis» (D-Prüfung) im Orgelspiel.
Ob Rock oder Barock - Elias ist für alle Musikstile offen: «Ich spiele alles Mögliche, Jazz, Barock oder Romantik.» Die Begleitung des Gemeindegesangs ist manchmal etwas herausfordernd, findet er: «Man darf sich nicht rausbringen lassen, wenn die Gottesdienstbesucher nicht im Takt singen.» Außerdem hat er schon bemerkt, dass jede Gemeinde die Lieder unterschiedlich schnell singt: Bei ihm in der Johanneskirche sind die Sonntagssänger eher flott unterwegs, in den Nachbargemeinden wird lieber etwas langsamer und getragener gesungen - auch darauf sollte man als Organist eingehen.
Gemeinsam mit vier weiteren Orgelschülern aus dem Kirchenbezirk erhält er neben seinem Praxis-Unterricht auch einmal pro Monat Unterricht in Musiktheorie beim Leonberger Kirchenmusikdirektor Attila Kalman - die beste Vorbereitung, um später vielleicht auch selbst Kirchenmusik zu studieren. Doch das hat Elias nicht vor: Er liebäugelt eher mit Mathematik oder Informatik. Für ihn soll das Orgelspielen ein Hobby bleiben, bei dem er sich etwas dazuverdienen kann. Seit etwas mehr als einem Jahr begleitet er die Gottesdienstgemeinde an der Orgel. Sein aufregendster Auftritt war bisher an Weihnachten beim Familiengottesdienst - in der mit rund 400 Menschen voll besetzten Kirche.
Am Anfang war es für ihn nicht leicht, die Hände und Füße beim Orgelspiel zu koordinieren, erzählt er. Doch davon ist jetzt nichts mehr zu merken, wenn er alle Register zieht und eine Variation über den Choral «Sollt ich meinem Gott nicht singen» von Sigfrid Krag-Elert (1877-1933) spielt: Beherzt greifen seine Hände in die Tasten. Und die Füße, die in seinen Orgelschuhen mit glatter Ledersohle stecken, flitzen nur so über die Pedale. Dieses Orgelvorspiel ist sein bisher anspruchsvollstes Stück. «Da habe ich mich in den Sommerferien ein paar Stunden drangesetzt.» Noch hat er es bei keinem Gottesdienst gespielt. Wahrscheinlich wird er es an Weihnachten spielen, wenn die Kirche wieder voll besetzt ist, so sein Plan.
Nach der Probe verabschiedet sich Elias. Er geht für eine Pause nach Hause, bevor er in ein paar Stunden wieder Posaunenchorprobe hat. Denn neben der Orgel spielt er wie alle in der fünfköpfigen Familie auch im Posaunenchor der Gemeinde mit und hat sogar schon einen Lehrgang für Posaunenchor-Leitung hinter sich. Auch in der Schul-Bigband und dem Orchester spielt der Zehntklässler Posaune. Langweilig wird es Elias also wohl nie.
Was sagen seine Freunde zu seinem besonderen Hobby? «Die meisten finden es cool, dass ich Orgel spiele», erzählt Elias. Vor wenigen Tagen hatte er einen tschechischen Austauschschüler zu Besuch, dem er in der Kirche «sein» Instrument von innen gezeigt hat, berichtet er. «Der war ganz fasziniert.»