Experten haben vor einer dramatischen weltweiten Wasserkrise gewarnt. Der Wasserkreislauf des Planeten gerate durch Übernutzung, Verschmutzung und die Zerstörung intakter Landschaften zunehmend aus dem Gleichgewicht, hieß es am Mittwoch bei der Vorstellung des „Wasseratlas 2025“ in Berlin. Es müsse dringend gegengesteuert und die Ressource Wasser zugleich gerechter verteilt werden. Der Wasseratlas wurde vom Umweltverband BUND und der Heinrich-Böll-Stiftung erstellt.
Industrie, Digitalisierung, die Produktion von Kleidung, Fahrzeugen und Nahrungsmitteln beanspruchten weltweit große Mengen an Wasser, hieß es weiter. Dies gefährde Ökosysteme, die Nahrungsmittelversorgung und die Wasserqualität. Die Klimakrise, die durch erhöhte Temperaturen auch zu sinkenden Grundwasserspiegeln führe, verstärke diese Entwicklung zusätzlich.
Imme Scholz vom Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung betonte, besonders in ärmeren Ländern und Regionen verstärkten Wassermangel und Extremwetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen die Armut, gefährdeten lokale Lebensgrundlagen und führten zu Migration und Konflikten. Weltweit würden inzwischen jährlich mehr als 120 Fälle von Wasserkonflikten registriert. Mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung habe keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Scholz sagte, durch Konsum, wachsenden Wohlstand und damit einhergehende veränderte Ernährungsgewohnheiten gerate die Ressource Wasser zusätzlich unter Druck. Jedes Produkt enthalte auch verstecktes Wasser. So werde für die Herstellung eines Baumwoll-T-Shirts der Trinkwasserbedarf eines Menschen für zwei Jahre eingesetzt. Von dem durch einen fleischlosen Tag eingesparten Wasser könnte man anderthalb Jahre duschen, sagte Scholz. In Deutschland würden im Schnitt direkt und indirekt pro Person rund 7.200 Liter Wasser am Tag verbraucht.
Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt sagte, Deutschland verliere trotz hoher Niederschlagsmengen viel Wasser: „Unser Land trocknet aus, und wir schauen zu.“ Zum Schutz der Ressource Wasser seien verbindliche politische Regeln nötig, die auch die Industrie und die Landwirtschaft in die Pflicht nehmen, betonte er. Durch höhere Wasserentnahmegebühren sollten mehr Anreize zum Wassersparen geschaffen werden. Verursacher von Verschmutzungen müssten an den entstehenden Kosten beteiligt werden.
Bandt sagte, die Renaturierung von Flussauen und trockengelegten Mooren könne dazu beitragen, wieder mehr natürliche Wasserspeicher zu schaffen. Zu den zentralen Lösungsmechanismen der Wasserkrise gehöre unter anderem ein Ordnungsrecht mit Verboten und Geboten. Dies habe bereits zu geringeren Stickstoffeinträgen aus der Landwirtschaft und einem Rückgang bestimmter hochgefährlicher Chemikalien in Flüssen geführt.
Der BUND-Vorsitzende forderte, die EU-Agrarförderung stärker für den Schutz der Ressource Wasser und für Renaturierungsmaßnahmen einzusetzen. EU-Flusssanierungsprogramme müssten beschleunigt und wirksamer umgesetzt werden. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, gegenzusteuern. Dem sollten sich auch die zur Bundestagswahl antretenden Parteien stellen.