Die Deutschen wissen einer Studie zufolge zu wenig über den Einfluss des Klimawandels auf die Verfügbarkeit von Wasser. Das ist das Ergebnis der Analyse „Was denkt Deutschland über Wasser“, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Achim Spiller von der Universität Göttingen sprach als einer der Studienautoren von „gesellschaftlicher Wasserblindheit“.
Einerseits bestehe große Wertschätzung für und Sorge um Wasser. So gaben 87,1 Prozent der Befragten in der Studie an, die Gesellschaft achte zu wenig oder eher zu wenig auf das Wasser. Zugleich fehle aber das Wissen um die Effekte des Klimawandels wie Dürren und Hochwasser, sagte Spiller. Wasser steht demnach auf der Liste der wichtigen Themen bei den Menschen auf Rang sechs, hinter den Themen Wirtschaftskrise, Klimawandel, Migration, Kriege und Energiekrise.
Auch die realistische Einschätzung des eigenen Wasserverbrauchs falle den Menschen schwer. Relativ einfache, Geld sparende Wassermaßnahmen wie die Nutzung von Sparknöpfen bei Spül- und Waschmaschinen würden von fast der Hälfte nicht genutzt. Nur etwa 20 Prozent, vornehmlich Frauen, dächten, dass Wasser ernsthaft knapp ist.
Für die repräsentative Studie wurden im Sommer vergangenen Jahres im Auftrag der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung 1.019 Bürger ab 16 Jahren befragt. Demnach sieht knapp die Hälfte (47 Prozent) den Klimawandel als Bedrohung für die Wasserversorgung in Deutschland. Zehn Prozent davon rechnen mit einer sehr starken Gefährdung. Fast vier von zehn Befragten seien sich über das Ausmaß der Gefährdung unsicher.
Dieter Gerten vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung erklärte bei der Vorstellung der Studienergebnisse, es gebe in Deutschland bei den Niederschlagsmengen beträchtliche regionale Schwankungen. Die Tendenz gehe aber zu mehr Dürren und Starkregenereignissen.
Anna Brehm, Nachhaltigkeitsreferentin der Heinrich-Böll-Stiftung, plädierte für eine bessere Wissenschaftskommunikation und mehr politische Bildung. Seit 2021 sei fast jedes Jahr ein Hochwasserjahr gewesen. Auch die vorangegangenen Dürrejahre 2018 bis 2020 seien vielen noch lebhaft in Erinnerung. Daher würden laut Studie Schutz- und Präventionsmaßnahmen sehr breit unterstützt: „Das ist ein Politikfenster, das wir nutzen müssen für politische Lösungen.“ Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass das Konzept eines sogenannten „Wasserfußabdrucks“, der den Wasserverbrauch des eigenen Lebensstils abbildet, weitgehend unbekannt ist.
Laut Studie ist die Wasserthematik als Krisenthema relativ neu. In den Ergebnissen spiegelten sich daher noch Unsicherheiten und ungefestigte, spontane Meinungen. Dies zeige sich etwa in der fehlenden Gewichtung, welche der drei Probleme Hochwasser, Dürre und Wasserverschmutzung am dringlichsten anzugehen sind. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass der Großteil der Bevölkerung in Deutschland bisher selbst nicht stark mit Wasserproblemen konfrontiert war, so die Studie. Die meisten Betroffenen mit einem Anteil von zwölf Prozent habe es beim Hochwasser gegeben.