Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat eine Verfassungsbeschwerde wegen mangelhaftem Naturschutz gegen die Bundesregierung eingereicht. Ziel der Klage sei es demnach, die Regierung dazu zu verpflichten, ein umfassendes Biodiversitätsgesetz vorzulegen.
Es sei Aufgabe der Bundesregierung, den wirtschaftlichen Praktiken, die die Biodiversität zerstören, entgegenzutreten, mahnte die stellvertretende BUND-Vorsitzende Myriam Rapior bei der Vorstellung der Beschwerde am Mittwoch in Berlin. Dem komme die Regierung nicht nach. Ein Drittel aller Arten in Deutschland sei gefährdet. „Tagtäglich verlieren wir 150 Arten“, sagte die Vorsitzende. Die Hauptursache für den Biodiversitätsverlust seien Landnutzungsveränderungen, Verschmutzungen und der Klimawandel.
Der Prozessvertreter und BUND-Landesvorsitzende für Sachsen, Felix Ekardt sprach von einem „verkannten Umweltproblem“. Die planetaren Grenzen, also der Bereich dessen, was sicheres menschliches Leben ermögliche, seien bei der Biodiversität drastischer überschritten als beim Klimawandel.
Ekardt zufolge braucht es keine weiteren unverbindlichen Regierungsprogramme wie die von der Bundesregierung geplante Biodiversitätsstrategie. Er forderte gesetzliche Regelungen zum Schutz von Biodiversität, ähnlich dem Klimaschutzgesetz. Zudem braucht es wirksame Maßnahmen wie eine Mengensteuerung für Pestizide oder Tierhaltung, sagte der Prozessvertreter.
Nach Ansicht der Beschwerdeführer werden von der Bundesregierung keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, die sicherstellen, dass die Grundrechte wie das Recht auf Leben und Gesundheit oder das Recht auf Eigentum durch die Folgen eines immer weiter voranschreitenden Biodiversitätsverlusts verletzt werden. Der BUND hat gemeinsam mit mehreren Einzelklagenden wie dem Schauspieler Hannes Jaenicke die Verfassungsbeschwerde eingereicht. Der Verband schätzt, dass sich das Bundesverfassungsgericht innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre damit befassen wird.
Das Bundesumweltministerium sieht der Klage „gelassen“ entgegen, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Noch nie sei so viel für den Biodiversitätsschutz unternommen worden wie derzeit. Der Sprecher nannte unter anderem den globalen Diversitätsrahmen von Montreal, die EU-Wiederherstellungsverordnung und die geplante nationale Biodiversitätsstrategie. Letztere werde voraussichtlich noch in diesem Jahr vom Bundeskabinett beschlossen.
Es ist nicht das erste Mal, dass der BUND juristisch gegen die Bundesregierung vorgeht. So hatte der Umweltverband gemeinsam mit dem Solarenergie-Förderverein eine Klima-Verfassungsbeschwerde eingereicht, um die Regierung zu ehrgeizigeren Zielen beim Klimaschutz zu verpflichten. 2021 entschied das Bundesverfassungsgericht daraufhin, dass das damalige Klimaschutzgesetz der Bundesregierung unzureichend war. Im September hatte der BUND mit anderen Verbänden eine zweite Klima-Verfassungsbeschwerde erhoben.