Klimaexperten: CO2-Entnahme in Emissionshandel integrieren
Potsdam (epd).

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und die staatliche Förderbank KfW rufen dazu auf, CO2-Entnahmen in den bestehenden Emissionshandel zu integrieren. Das PIK forderte am Montag gemeinsam mit der KfW in Potsdam, dafür sogenannte „Clean-up-Zertifikate“ anzubieten. Damit könnten bereits in der Frühphase des neuen Marktes Anreize für die Nachfrage des Privatsektors gesetzt werden.

Statt unmittelbar Geld für ein herkömmliches Ausstoß-Recht zu bezahlen, würden sich Firmen mit diesem neuen Instrument dazu verpflichten, das CO2 zu einem späteren Zeitpunkt aus der Atmosphäre entnehmen zu lassen. Das könne vorrangig durch neuartige, qualitativ hochwertige Verfahren wie Luftfilter-Systeme oder künstlich beschleunigte Verwitterung von Gestein erfolgen. Beide Institutionen wollen das neue Instrument am Donnerstag beim 29. UN-Klimagipfel in Aserbaidschan vorstellen.

Die jährlichen Klimaschäden werden laut PIK weltweit bis 2050 auf Billionenhöhe wachsen, gemessen im Vergleich zu einem Szenario ohne Klimawandel. Die wirtschaftlichen Schäden durch den Ausstoß einer Tonne CO2 würden auf 1.000 Euro und mehr veranschlagt, teilte das PIK mit. Im Vergleich dazu liege der Preis für das entsprechende Ausstoß-Recht im europäischen Emissionshandel, etwa für die Betreiber von Kohlekraftwerken oder Zementfabriken derzeit bei lediglich rund 65 Euro.

PIK-Direktor Ottmar Edenhofer warnte im Zusammenhang mit dem Klimagipfel in Baku vor überhöhten Erwartungen. „Die Konferenz wird sicherlich keinen Durchbruch bringen“, sagte er am Montag im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Möglicherweise werde jedoch die Frage der Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung in einkommensschwachen Ländern geklärt.

Das Ziel, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, sei „gerissen“. Die Weltgemeinschaft müsse sich damit auseinandersetzen, dass die Temperatur überschießt: „Wir müssen uns jetzt darum kümmern, dass wir die Temperatur wieder zurückbiegen können“, sagte Edenhofer.

Er kritisierte, in Zeiten von Wirtschaftskrisen werde so getan, als sei die Klimapolitik das Kernproblem der Wettbewerbsfähigkeit: „Nicht die Klimapolitik ist das Kernproblem der Wettbewerbsfähigkeit, sondern dass wir die Herausforderung der Weltmärkte verschlafen haben.“

Es sei kein gutes Zeichen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht am zweiwöchigen Klimagipfel teilnimmt. „Gerade nach der Trump-Wahl wäre es wichtig gewesen, eine geeinte Bundesregierung zu sehen.“ Er hoffe auf eine rasche Rückkehr zu stabilen Verhältnissen, sagte Edenhofer mit Blick auf Neuwahlen. Eine starke Bundesregierung sei jetzt dringend notwendig.

Donald Trump werde als künftiger US-Präsident die „klimapolitische Handlungsfähigkeit der Vereinigten Staaten nahezu auf Null zurückführen“. Ebenso wichtig sei die Wirkung der US-Wahl auf Europa. Es könne sein, dass dort jetzt Kräfte erstarken, die mit autoritären Systemen liebäugeln. Es könne aber auch sein, dass die demokratischen Integrationskräfte die Oberhand gewinnen, die für eine verstärkte Umsetzung des sogenannten „European Green Deals“ einstehen, sagte Edenhofer.