81 Prozent der über 60-Jährigen in Thüringen wünschen sich als Pflegefall zu Hause umsorgt zu werden. Dagegen äußere bei den unter 30-Jährigen nur jeder zweite Thüringer und Thüringerin diesen Wunsch, heißt es in dem am Donnerstag in Erfurt veröffentlichten Inklusionsmonitor des Thüringer Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, Joachim Leibiger. Das Thema Pflege bildete den Schwerpunkt der diesjährigen Erhebung.
Thüringerinnen und Thüringer, die derzeit eine Person in ihrem Familien- oder Bekanntenkreis pflegen, berichten laut Inklusionsmonitor wiederum von großen Belastungen. Aktuell pflege jeder sechste Thüringer (17 Prozent) eine hilfsbedürftige Person. Weitere 51 Prozent könnten sich diese Hilfe vorstellen, wenn sie notwendig werde.
72 Prozent der Menschen in Thüringen sind demnach davon überzeugt, dass pflegende Angehörige nicht genug gesellschaftliche Anerkennung erhalten. 86 Prozent der Befragten wünschten sich auch mehr finanzielle Anerkennung.
Leibiger erinnerte daran, dass sowohl die Zahl der Menschen mit Behinderungen (422.000) als auch die Zahl der Pflegebedürftigen (178.000) seit Jahren deutlich steige. Dem stehe der Personalmangel in den stationären Einrichtungen gegenüber. Nicht alle Pflegeplätze könnten dort belegt werden. Es brauche vor allem auf dem Land bessere Bedingungen für die häusliche Pflege.
Laut Inklusionsmonitor zeigt sich die Mehrheit der Befragten unzufrieden mit den stationären Angeboten, der finanziellen Unterstützung für Betroffene und Angehörige sowie den Rahmenbedingungen der Nachbarschaftshilfe im Freistaat. Nur die Beratungsangebote in der Pflege würden mehrheitlich als gut eingeschätzt.
Dabei schätzten von Pflege betroffene Menschen die Situation deutlich schlechter ein als jene, die keinen Kontakt zu Menschen mit Pflegebedarf haben. So zeigten sich etwa vier von zehn Bewohnerinnen und Bewohnern von stationären Pflegeeinrichtungen unzufrieden mit der Qualität in den Häusern. Demgegenüber teile nur jeder vierte Außenstehende diese Kritik.
Thüringens Landtagspräsident Thadäus König (CDU) nannte den Ausbau der Angebote in allen gesellschaftlichen Bereichen eine zentrale Aufgabe der neuen Legislatur in Thüringen. Das gelte für Menschen mit Pflegebedarf ebenso wie für behinderte Menschen. Fast die Hälfte der Thüringer habe in der Befragung angegeben, einen Menschen mit Behinderungen in ihrem engeren Bekanntenkreis zu kennen. Das Thema gehöre daher in die Mitte der Gesellschaft.
Auch zeigten sich vier von fünf Thüringern überzeugt davon, dass die Kommunen im Freistaat den demografischen Wandel nicht ausreichend berücksichtigen. Sichtbar werde diese Entwicklung an Barrieren vor Fußgängerampeln, an ungeeigneten Einstiegen bei Bussen und Bahnen sowie an nicht vorhandene Vorlesefunktionen in den Online-Portalen der Verwaltungen.
Der Thüringer Inklusionsmonitor wird seit 2016 jährlich veröffentlicht. Seitdem ist laut Studie die Zustimmung zur Aussage, um die Belange von behinderten Menschen werde sich ausreichend gekümmert, von 30 auf 43 Prozent gestiegen.