Mit einer Aktion vor dem Brandenburger Tor hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Freitag in Berlin die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern kritisiert. Anlass war der sogenannte Equal Pay Day (Tag des gleichen Lohns). Der DGB präsentierte symbolisch einen überdimensionalen 100-Euro-Schein, dem eine Ecke fehlte.
Der unbereinigte Gender Pay Gap, die geschlechtsspezifische Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, betrug nach Angaben der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes, Ferda Ataman, 2024 in Deutschland durchschnittlich 16 Prozent. Umgerechnet entspricht das einem um 4,10 Euro geringeren Bruttostundenverdienst. Der bereinigte Unterschied, der Unterschiede in Qualifikation und Berufen berücksichtigt, betrug weiterhin sechs Prozent.
„Es ist kein Naturgesetz, dass Frauen schlechter verdienen als Männer“, sagte die Antidiskriminierungsbeauftragte. Ziel sei es, die Lohnlücke auf ein bis zwei Prozent zu schließen. Ataman verwies auch auf den europäischen Vergleich, bei dem Deutschland schlecht abschneidet. Dort belegte die Bundesrepublik 2023 - dem Jahr mit den letzten vorliegenden Daten - den fünftletzten Platz. In Belgien betrug der Wert nur etwa ein Prozent und in Luxemburg verdienten die Frauen sogar geringfügig mehr als Männer.
In den ostdeutschen Bundesländern fiel der Abstand zwischen den Gehältern mit fünf Prozent deutlich geringer aus, sagte der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Rolf Schmachtenberg. Dem gegenüber stünden 17 Prozent in Westdeutschland. Positiv sei, dass ein leichter Rückgang stattgefunden habe.
2023 betrug der Abstand in Gesamtdeutschland noch 18 Prozent. „Wo es Tarifverträge gibt, ist auch der Gender Pay Gap geringer“, sagte Schmachtenberg. In Ostdeutschland gebe es zwar weniger Tarifbindungen, aber bessere Kinderbetreuungsangebote. Das zeigt Schmachtenberg zufolge, dass auch fehlende Kinderbetreuungsangebote ein wesentlicher Treiber der Ungleichheit sind.
Diesen Aspekt hob auch Berlins Gleichstellungssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hervor. An Frauen bleibe immer noch die meiste Care-Work, also Haushaltsarbeit und Kinderbetreuung, hängen. Das führe dazu, dass Frauen oft nicht in Vollzeit arbeiten. „Teilzeit führt zu Altersarmut“, sagte Kiziltepe. Laut neuesten DGB-Zahlen können über die Hälfte der erwerbstätigen Frauen mit dem eigenen Einkommen ihre Existenz nicht über das gesamte Leben hinweg absichern.
Ataman forderte die künftige Bundesregierung auf, Lohndiskriminierung stärker zu bekämpfen. Die Entgelttransparenz-Richtlinie der EU müsse umgesetzt werden, das bisher geltende deutsche Entgelttransparenzgesetz sei veraltet. Die EU-Richtlinie verpflichtet Arbeitgeber, klare und ersichtliche Kriterien für die Bezahlung festzulegen und zu kommunizieren.
Der Equal Pay Day markiert symbolisch jenen Zeitraum, den Frauen über den Jahreswechsel hinaus länger arbeiten müssen, um auf das durchschnittliche Jahresgehalt von Männern im Vorjahr zu kommen. Frauen müssen somit zehn Wochen mehr arbeiten, um auf das Geld zu kommen, was Männer bereits verdient haben.