Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hofft im Streit um den Welfenschatz auf eine zügige Bearbeitung durch die zuständigen Stellen. Roth gehe davon aus, dass die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und die Beratende Kommission NS-Raubgut zeitnah zu einer Klärung der offenen Fragen kommen, sagte ein Sprecher Roths am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Stiftung habe „in vielen Restitutionsangelegenheiten gezeigt, dass sie alles mit der notwendigen Entschiedenheit und gebotenen Sorgfalt tut, um gerechte und faire Lösungen zu ermöglichen“.
Eine Sprecherin der SPK sagte dem epd, die Stiftung werde sich schnellstmöglich mit der Beratenden Kommission austauschen. Der Vorsitzende der Kommission, der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier, hatte am Mittwoch erklärt, die SPK sei verpflichtet, einer Anrufung der Kommission durch eine Opferseite unverzüglich zuzustimmen. Die SPK hatte mit Blick auf neuerliche Ansprüche von Erben der einstigen Besitzer des Welfenschatzes zuvor mitgeteilt, zunächst die Berechtigung der Anspruchsteller klären zu wollen, bevor sie die Angelegenheit der Kommission übergibt.
Die Beratende Kommission war 2003 eingerichtet worden, um bei Differenzen über die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter zu vermitteln. Bei dem Streit um den Welfenschatz geht es um die Frage, ob die 1929 von vier jüdischen Kunsthändlern angekaufte Sammlung mittelalterlicher Goldschmiedearbeiten 1935 unter den Nazis zwangsweise verkauft wurde. Der Welfenschatz gilt als einer der bedeutendsten Kirchenschätze des Mittelalters. Die Stiftung sieht bislang keine Grundlage für eine Rückgabe. Seit 2008 gab es dazu mehrere auch vor Gericht ausgetragene Verfahren. Der Welfenschatz ist heute im Berliner Kunstgewerbemuseum zu sehen.
Papier zeigte sich skeptisch, ob die Beratende Kommission NS-Raubgut sich noch mit dem Fall Welfenschatz befassen wird. Grund sei die „Unklarheit darüber“, bis wann die Kommission überhaupt noch tätig sein wird, sagte er dem epd: „Bislang ist nicht bekannt, wann das geplante Schiedsgericht die Arbeit der Kommission ablösen soll.“
Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände hatten sich im vergangenen Jahr auf eine Reform der Kommission verständigt. Demnach soll künftig ein Schiedsgericht über mögliche Restitutionsfälle von NS-Raubgut entscheiden. Unter anderem sieht die Reform vor, dass die Opferseite künftig ein Schiedsverfahren verlangen kann, auch wenn die Gegenseite - der heutige Eigentümer - nicht zustimmt. Für Einrichtungen, die vom Bund finanziert werden, gilt diese Regel schon jetzt. Daran hatte Papier am Mittwoch auch die SPK erinnert.
Laut dem BKM-Sprecher haben bereits die meisten Bundesländer per Kabinettsbeschluss der Einrichtung der neuen Schiedsgerichtsbarkeit zugestimmt. Er gehe davon aus, dass im Februar die übrigen Länderbeschlüsse erfolgen. Danach könne ein entsprechendes Verwaltungsabkommen und die Ablösung der Kommission durch das Schiedsgericht erfolgen, sagte der Sprecher.