Taufkleid im Bergmannshabit
Eine Chemnitzer Ausstellung widmet sich der Bergbaugeschichte
Chemnitz (epd).

Der reich verzierte Trinkpokal aus purem Silber ist einst tatsächlich benutzt worden: In der sächsischen Seigerhütte Grünthal bei Olbernhau wurde im 17. Jahrhundert aus dem mehrere Kilogramm schweren Gefäß getrunken. Der Pokal wanderte reihum. Von Freitag an ist das fast 400 Jahre alte Kunstwerk in der neuen Ausstellung des Staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz (smac) zu sehen. Die Schau ist ein Beitrag zu Europas Kulturhauptstadt Chemnitz 2025.

Unter dem Titel „Silberglanz und Kumpeltod“ wird die Geschichte des Bergbaus im sächsischen Erzgebirge in den Blick genommen. Knapp 400 Objekte aus der Bronzezeit bis ins 21. Jahrhundert illustrierten die Arbeit unter Tage, sagt Ausstellungsleiter Jens Beutmann. Der Kurator betont die Verdienste des Bergbaus für den Fortschritt. So gesehen sei es „eine Geschichte über uns alle“.

Denn der Bergbau habe neue Technologien und Apparate hervorgebracht, sagt Beutmann. Auch die Kenntnis von Gesteinen, Mineralien, physikalischen und chemischen Phänomenen wuchs. Erze wurden zunächst zur Herstellung von Schmuck und Waffen verwendet, später in der Wirtschaft. In jüngster Zeit haben sie große Bedeutung für die Mikrochip-Produktion.

Der „Silberglanz“ im Titel der Ausstellung spiele auf den Reichtum an, den der Bergbau mit sich brachte, sagt Beutmann - aber auch auf die Gier der Menschen nach den glitzernden Metallen aus dem Berg. Schon sehr früh wurde Schmuck aus den gewonnenen Rohstoffen hergestellt. Der Begriff „Kumpeltod“ weist dagegen auf die damit verbundene rücksichtslose Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt hin. Er ist aber auch der Name eines Schnapses.

Bergbau sei immer auch mit Leid und Sorgen verbunden gewesen, sagt Beutmann. Zahlreiche Kumpel seien bei der körperlich schweren, gesundheitsschädigenden und zum Teil gefährlichen Arbeit gestorben. So etwa hätten einstürzende Stollen oder Krankheiten oft zum frühen Tod geführt. Auch davon erzählt die Ausstellung, die bis zum 29. Juni 2025 im ehemaligen Kaufhaus Schocken zu sehen ist.

Seit Jahrhunderten definiert sich das Erzgebirge über die Bergbautradition. Bis heute werden damit verbundene Bräuche gepflegt, sind Symbole, Trachten und Gewohnheiten der Bergleute allgegenwärtig. Der Willkommensgruß „Glück auf!“, das „Steigerlied“ oder die berühmte erzgebirgische Holzschnitzkunst sind dafür prominente Beispiele.

In der Ausstellung sind neben Arbeitsmaterialien, Landkarten, Fotografien und Computeranimationen auch typische Gegenstände des erzgebirgischen Kunsthandwerks zu sehen, etwa Leuchter und Pyramiden sowie ein Schwibbogen von 1740. Zudem präsentiert eine 3D-Rekonstruktion die mittelalterliche Bergstadt Dippoldiswalde.

Ein Kapitel widme sich der starken Berufsnachfolge in den Bergmannsfamilien, sagt Mitkurator Christian Landrock. Söhne eiferten bei der Berufswahl den Vätern nach. So sei auch der Weg des Anfang des 18. Jahrhunderts geborenen Johann Borkenstein vorgezeichnet gewesen: Er wurde wie sein Vater Hüttenverwalter. Die Chemnitzer Ausstellung präsentiert sein Taufkleid aus dem Jahr 1702, das im Stil einer Bergmannstracht gestaltet wurde.

Das schwerste Exponat ist jedoch ein 400 Kilogramm schwerer Grabstein aus dem Jahr 1509 mit der laut Beutmann ältesten sächsischen Darstellung von Schlegel und Eisen, den traditionellen Werkzeugen der Bergleute.

Unter Tagen haben auch Frauen gearbeitet, etwa beim DDR-Bergbauunternehmen Wismut für den Uranabbau, ab 1954 Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG). Sie hätten weniger die Arbeiten eines klassischen Hauers übernommen, sagt Landrock. Frauen waren vielmehr als Maschinistinnen tätig. Doch bis Mitte der 1950-er Jahre seien Frauen in den Gruben keine Seltenheit gewesen.

Die Ausstellung blickt zudem in die Zukunft: Das Erzgebirge rückt in den Fokus, wenn es um Rohstoffe wie Zinn, Silber und Lithium für neue Technologien und Digitalität geht. Bis der Bergbau wieder aktiviert wird und ein weiteres Kapitel hinzukommt, dürften noch einige Jahre vergehen. Doch Probebohrungen finden bereits statt.

Von Katharina Rögner (epd)