Matthias Lilienthal wird Intendant der Berliner Volksbühne
Berlin (epd).

Der Dramaturg Matthias Lilienthal wird neuer Intendant der Berliner Volksbühne. Der 65-Jährige soll das Traditionshaus am Rosa-Luxemburg-Platz ab der Spielzeit 2026/2027 für fünf Jahre leiten, wie Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) am Freitag bekannt gab.

Lilienthal folgt als Intendant auf René Pollesch, der vor fast einem Jahr im Alter von 61 Jahren gestorben war. Ihm zur Seite gestellt wird als beratendes Team ein „Artistic Board“, bestehend aus der mehrfach ausgezeichneten Performance-Künstlerin Florentina Holzinger („Ophelia’s Got Talent“; „Sancta“) und der von den Kap Verden stammenden und in Lissabon lebenden Tänzerin und Choreografin Marlene Monteiro Freitas.

Lilienthal leitete unter anderem von 2015 bis 2020 die Münchner Kammerspiele, war davor künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des HAU, der Hebbel-Theater GmbH in Berlin, und leitete 2002 und 2014 das Festival der Welt im Rheintal und in Mannheim. Unter dem langjährigen Volksbühnen-Intendanten Frank Castorf war der gebürtige Berliner in den 1990 Jahren zeitweise Chefdramaturg und stellvertretender Intendant. Zuletzt arbeitete der vielfach ausgezeichnete Dramaturg als Festivalmacher, Dozent und Schauspieler.

Chialo betonte, mit seiner international vernetzten Perspektive und dem Gespür für die Potenziale junger Künstlerinnen und Künstler habe Lilienthal immer wieder Impulse gesetzt, die weit über den Moment hinaus wirkten. Gemeinsam mit Florentina Holzinger und Marlene Monteiro Freitas werde er zeigen, dass die Volksbühne ein Raum sei, „in dem Kunst sich selbst hinterfragt, neue Stimmen sichtbar macht und Grenzen verschiebt“.

Für die Intendanz lagen Chialo zufolge mehr als 30 Bewerbungen vor. Die Entscheidung für Lilienthal fiel unterstützt durch ein vierköpfiges „Beratergremium“. Ihm gehörtem unter anderem die Intendantin des Staatstheaters Wiesbaden, Beate Heine, der Intendant der Wiener Festwochen, Milo Rau, sowie der Intendant des Volkstheaters Wien und designierte Intendant am Schauspiel Köln, Kay Voges, an.

Lilienthal habe mit einem innovativen Konzept und künstlerischen Ideen überzeugt, hieß es. Zudem verfüge er über langjährige Erfahrungen an verschiedensten Einrichtungen. Der Berliner Senat muss seiner Ernennung noch zustimmen.

Matthias Lilienthal sagte, er wolle die Volksbühne „zu einem internationalen Ort des Theaters machen“: „Das ist unser Widerstand gegen eine Politik der Renationalisierung, ein lustvoller Widerstand.“ Mit Blick auf Holzinger und Freitas sagte er, Tanz-Produktionen sollten künftig etwa ein Drittel des Programms ausmachen. Holzinger hat in der Vergangenheit bereits an der Volksbühne inszeniert und hatte sich ursprünglich auch auf die Intendanz beworben, ihre Kandidatur aber dann zurückgezogen.

Die Volksbühne muss in diesem Jahr wegen der allgemeinen Einsparungen im Berliner Kulturetat mit zwei Millionen Euro weniger auskommen. Als Reaktion darauf hatte die Interimsleitung angekündigt, zwei Produktionen zu streichen. Auch wegen der unsicheren Finanzlage soll das eigentlich für die Pollesch-Nachfolge vorgesehene norwegisch-deutsche Regie-Duo Vegard Vinge/Ida Müller abgesagt haben.