Das Potsdamer Fontane-Archiv feiert 2025 sein 90-jähriges Bestehen. Als Festprogramm sei eine „Mischung aus wissenschaftlichen, kulturellen und geselligen Veranstaltungen“ geplant, sagte Archivdirektor Peer Trilcke dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Potsdam. Highlight sei eine internationale Tagung zu „materiellen Archiven im digitalen Zeitalter“. Ziel im Jubiläumsjahr sei, den „Spagat zwischen historischem Rück- und zukunftsorientiertem Ausblick“ zu schaffen und auch für Neues offen zu sein.
2024 hätten zum 200. Geburtstag von Emilie Fontane das Leben und die Überlieferung der Ehefrau des Schriftstellers Theodor Fontane im Zentrum der Forschung des Archivs gestanden, sagte Trilcke. Die Resonanz unter anderem auf die Ausstellung zum Thema zeige, „wie wichtig ein solch erweiterter Blick auf die Literaturgeschichte“ sei. Von besonderer Bedeutung sei auch die am Archiv erarbeitete Edition von zwei Haushaltsbüchern der Familie Fontane, die von Emilie Fontane geführt wurden.
„Diese Haushaltsbücher ermöglichen neue Einblicke in die ökonomische Situation eines freien Schriftstellerhaushalts im 19. Jahrhundert“, sagte Trilcke: „Und sie werfen auch ein interessantes Licht auf die Alltagsgeschichte einer bürgerlichen Kleinfamilie.“ In den Haushaltsbüchern, die Emilie Fontane während der gesamten Zeit der Ehe führte, sind nach Archivangaben als Bilanz am Ende des Monats immer wieder viele Ausgaben und wenige Einnahmen dokumentiert. Theodor Fontane (1819-1898) und Emilie Fontane (1824-1902) waren ab 1850 verheiratet.
Zu wiederkehrenden Antisemitismus-Diskussionen sagte Trilcke, dass „insbesondere in späten Briefen Theodor Fontanes wiederholt antisemitische Ressentiments vorkommen“, sei bekannt und werde am Archiv und in der Fontane-Forschung seit vielen Jahrzehnten untersucht. 2025 sei dazu am Archiv eine Podiumsdiskussion zum Thema „Fontane und das Judentum“ geplant.
Die kritische Auseinandersetzung mit den antisemitischen Seiten Fontanes sei „von großer Bedeutung und ein konstruktiver Weg der historischen Auseinandersetzung“, sagte Trilcke. Die Namenstilgung Fontanes von Straßenschildern, wie zuletzt 2024 vorgeschlagen, sei jedoch aus Sicht des Archivs „keine adäquate Reaktion“.
Das Theodor-Fontane-Archiv wurde 1935 gegründet und ist heute eine wissenschaftliche Einrichtung der Universität Potsdam. 2001 wurde es als „Kultureller Gedächtnisort von besonderer nationaler Bedeutung“ in das Blaubuch der Bundesregierung aufgenommen.