Der katholische Ökumene-Bischof Gerhard Feige hat am Reformationstag zu einer stärkeren Zusammenarbeit der katholischen und evangelischen Kirchen aufgerufen. „Unsere Kirchen stehen mitten in großen Herausforderungen und sind vielfach mit sich selbst beschäftigt“, sagte Feige am Donnerstag in seiner Predigt in der Hamburger St.-Petri-Kirche. Vertrauensverlust und Glaubensschwund hätten dramatisch zugenommen. Es sei unbestreitbar, dass die Kirchen in der Gesellschaft besser wahrgenommen würden, wenn sie mit einer Stimme sprächen, sagte der Magdeburger Bischof.
Dennoch dürfe nicht vergessen werden, die Kirchen verbinde längst schon mehr, als sie trenne, „ob im gottesdienstlichen und seelsorglichen Bereich, der Vermittlung christlicher Werte oder im Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“, sagte Feige in dem ökumenischen Gottesdienst.
Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, äußerte sich zuversichtlich, dass die Erinnerung an den Thesenanschlag Martin Luthers im Jahr 1517 auch in Zukunft nicht verschwinde. Die evangelische Kirche mache es richtig, wenn sie an der Bedeutung dieses Tages festhalte, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Viele Gemeinden bezögen die Erinnerung an die Reformation auch an den Sonntagen rund um den Feiertag mit ein. „Deshalb bin ich zuversichtlich, dass die Erinnerung an die Reformation und ihre Gegenwartsbedeutung nicht verlorengeht“, sagte der frühere Berliner Bischof.
Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren. Die vom damaligen Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) um den 31. Oktober 1517 von Wittenberg aus verbreiteten 95 Thesen gegen kirchliche Missstände wurden zum Ausgang einer christlichen Erneuerungsbewegung. Während der Gedenktag früher zur Abgrenzung der Protestanten gegenüber katholischen Christen genutzt wurde, wird er inzwischen im Geist der Ökumene gefeiert.
Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Ralf Meister, erinnerte laut Redemanuskript an die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“, die vor 25 Jahren von Protestanten und Katholiken in Augsburg unterzeichnet wurde. Diese Erklärung sei ein Durchbruch in der Ökumene gewesen, weil durch sie Jahrhunderte alte gegenseitige Lehrverurteilungen aufgehoben worden seien. Auch Feige bezeichnete sie in seiner Predigt als „bahnbrechendes ökumenisches Ereignis“.
Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre gilt bis heute als das einzige ökumenische Konsensdokument in der westlichen Kirche, das offiziell anerkannt und bestätigt wurde. Praktische Auswirkungen im kirchlichen Leben gibt es bislang allerdings nicht.