Die Leiterin des Predigerseminars in Wittenberg, Birgit Neumann-Becker, sieht die Zukunft der Einrichtung trotz des angekündigten Rückzugs der sächsischen Landeskirche gesichert. Die verbliebenen Kirchen hätten sich darauf geeinigt, das traditionsreiche Seminar in eine eigene Anstalt des öffentlichen Rechts zu überführen, sagte Neumann-Becker dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Es gibt eine Vereinbarung der drei verbleibenden Landeskirchen, am Standort Wittenberg weiterzuarbeiten.“ Die neue Rechtsform solle auch offen für andere evangelische Landeskirchen sein. Von einer Schließung gehe sie daher nicht aus.
Vor einem Jahr hatte die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens angekündigt, ihre Vikare, also angehende Pfarrer, künftig gemeinsam mit der bayerischen Landeskirche auszubilden. Zu Begründung hieß es, in der Ausbildung in Bayern würden Rollenkompetenz, theologische Kompetenz und Leitungskompetenz vermittelt. Die Ausbildung sei modular gestaltet und äußerst zeitgemäß.
Neumann-Becker wollte diese Begründung auf Nachfrage nicht kommentieren. „Was da benannt wurde, ist ja im Grunde die Matrix der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)“, sagte die Leiterin des Predigerseminars. Man sei mit der sächsischen Landeskirche in einem guten Austausch und hoffe, dass auf mittlere oder längere Sicht wieder eine Zusammenarbeit möglich sei.
Das Wittenberger Predigerseminar ist eine der ältesten Ausbildungsstätten für angehende evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland. Es wurde 1817 an der Wirkungsstätte des Reformators Martin Luther (1483-1546) gegründet.
Die bisherige Trägerin, die Union Evangelischer Kirchen in Deutschland (UEK), strebt ihre eigene Auflösung an und will sich vollständig in die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) integrieren. Nach dem Rückzug der sächsischen Kirche bilden künftig noch die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und die Evangelische Landeskirche Anhalts ihren Pfarrernachwuchs in Wittenberg aus.
Seit Juni dieses Jahres leitet die evangelische Pfarrerin Birgit Neumann-Becker die Einrichtung. Zuvor war sie sachsen-anhaltische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Laut Neumann-Becker ist das Predigerseminar trotz des wachsenden Fachkräftemangels „gut ausgelastet“. Im kommenden Jahr erwarte man 47 Vikare. Für die kommenden Jahre sei die Zahl der Nachwuchs-Geistlichen stabil.