Mehr Sonne für die Wallonerkirche
Wie eine Kirchensanierung durch "Crowdfunding" finanziert wird
Magdeburg (epd).

Immer noch ist die Wallonerkirche in der Magdeburger Neustadt eine Baustelle. Bauarbeiter setzen an der Westseite ein riesiges Fenster über dem Portal ein, wo es bisher nur einen ehemaligen Lüftungsschacht gab. Dazu laufen derzeit noch Restarbeiten.

Noch in diesem Jahr sollen weitere Arbeiten beginnen. Planmäßig bis Ende 2027 wird das Gotteshaus umfassend renoviert. Die evangelisch-reformierte Gemeinde hat sich vorgenommen, die im 13. und 14. Jahrhundert errichtete Kirche gründlich instand zu setzen. Über dem Eingangsportal wird zudem erstmals ein Fenster eingebaut, wo sich bisher ein Lüftungsschacht sowie eine Inschrift befanden. Der Entwurf der Glaskünstlerin Christine Triebsch aus Halle soll das Kirchenportal besser in Szene setzen und mehr Licht in das Gotteshaus hineinlassen.

Insgesamt 2,5 Millionen Euro werden die Arbeiten kosten, sagte der Vorsitzende der Gemeindeleitung, des Presbyteriums der Gemeinde, Thomas Böttcher, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Um einen Teil dieser Summe zu finanzieren, greift die Gemeinde auf eine moderne Art der Finanzierung zurück: das sogenannte „Crowdfunding“.

Die Idee dahinter: Viele kleine Spenden ergeben eine große Summe. Die Sparkasse Magdeburg und die Ostdeutsche Sparkassenstiftung verdreifachen zudem jede Spende, die eingeht. Rund 100.000 Euro hat die Gemeinde unter dem Motto „Mehr Sonne für die Wallonerkirche Magdeburg“ für das neue Fenster so bislang zusammenbekommen. 33.333 Euro - also ein Drittel - wurden innerhalb einer Frist von 99 Tagen für das Projekt gespendet. Die Sparkasse hat nochmal die doppelte Summe draufgelegt.

Doch damit sind die Kosten für die Fenster an der Westseite längst noch nicht gedeckt, sagt Böttcher. Insgesamt rund 330.000 Euro kosten das neue Mittelfenster und die Sanierung der zwei bestehenden, riesigen Seitenfenster, die sich an der Westseite bis an die Spitze des Kirchenschiffs erstrecken.

Laut dem Superintendenten des Kirchenkreises Magdeburg, Stephan Hoenen, ist die Renovierung der Wallonerkirche derzeit das größte Bauvorhaben an einer evangelischen Kirche in der Stadt. Der Kirchenkreis beteiligt sich daran mit 180.000 Euro, weitere 20.000 Euro gibt er für die Glasfenster.

Doch mit dem Einbau des Fensters ist die Sanierung noch lange nicht abgeschlossen. So wird auch die gesamte Kirche von außen verputzt. Der jahrhundertealte Stein sei geschädigt und müsse geschützt werden, berichtet Böttcher. Für den Denkmalschutz sei das kein Problem: Auch früher habe die Außenwand bereits eine Putzschicht gehabt.

Bei alldem soll die Wallonerkirche ihren betont nüchternen Charakter nicht verlieren. „Das ist reformierte Tradition, wir leben nur aus dem Wort“, betont die Pfarrerin der Gemeinde, Elfi Runkel. Deswegen gebe es in reformierten Kirchen keine bildlichen Darstellungen, keinen Altar und kein Kreuz.

Errichtet wurde der Sakralbau zwischen 1286 und 1366 als Klosterkirche des Augustinerordens. Der Reformator und frühere Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) war hier mehrfach zu Besuch. Auch bei seiner Predigt im Jahr 1524, die zum Ausbruch der Reformation in Magdeburg wesentlich beitrug, soll er im damaligen Bibliotheksanbau übernachtet haben.

1631 wurde das Gotteshaus im Dreißigjährigen Krieg beschädigt und 1694 an wallonische reformierte Glaubensflüchtlinge übergeben. Seitdem trägt die Kirche ihren heutigen Namen. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde im Oktober 1968 der erste Gottesdienst nach dem Wiederaufbau gefeiert.

Die baugeschichtliche Bedeutung der Wallonerkirche hebt auch der Baureferent des Kreiskirchenamtes Magdeburg, André Bartoszewski, hervor. Architektonisch spiegele sie in ihrer schlichten Erscheinung als Hallenkirche ohne Kirchturm den damaligen Bettelorden der Augustiner wider.

Von Oliver Gierens (epd)