Trotz abnehmender Vielfalt der Tagespresse in Thüringen gibt es einer Studie zufolge weiterhin ein flächendeckendes Angebot an lokalen Informationen im Freistaat. Allerdings sei es medienpolitisch dringend geboten, journalistische Alternativen zur Lokalzeitung zu fördern, sagte Studienautor Lutz Hagen von der Technischen Universität Dresden am Freitag in Erfurt. Derzeit seien die bestehenden Alternativangebote zu den Tageszeitungen nicht leistungsfähig genug.
Grundsätzlich sei die Mehrheit der Thüringer Bevölkerung stark an lokalen und regionalen Informationen interessiert. Um dieses Bedürfnis zu befriedigen, nutze sie eine breite Vielfalt an Medien, sagte Hagen. Dabei rangierten die klassischen Medien jedoch weiterhin klar vor den neuen Webangeboten.
Teile der Bevölkerung nutzten Tageszeitungen nicht mehr als Informationsquelle. Dabei berichteten diese noch immer weitgehend exklusiv über die lokalpolitischen Themen, sagte Hagen. Öffentliche Gruppen oder Profile in den sozialen Medien lieferten dagegen im Untersuchungszeitraum der Studie so gut wie keine gehaltvollen Informationen zur politischen Meinungsbildung. Die Studie wurde im Auftrag der Thüringer Landesmedienanstalt in der Woche nach den Kommunalwahlen zwischen dem 27. Mai und 2. Juni durchgeführt.
Für den Zugang zu lokalen Angeboten spielen der Studie zufolge digitale Endgeräte inzwischen eine wichtige Rolle, auch wenn es um Zeitungen, TV und Radio geht. Die Vielfalt, Qualität, Relevanz und Kontinuität von Bürgerportalen und Digitalangeboten lassen nach Einschätzung der Wissenschaftler jedoch zu wünschen übrig. Auffällig sei hier vielmehr eine hohe Dynamik, große Intransparenz sowie eine insgesamt geringe Sichtbarkeit von Politik.
Als relevante Regionalmedien bezog der Kommunikationswissenschaftler auch Angebote in die Untersuchung mit ein, die aktuell und regelmäßig für die Öffentlichkeit berichten. Unabdingbar seien Bezüge zur Lokalpolitik und kontroversen Themen in den jeweiligen Regionen, sagte er. Die Bandbreite reiche in Thüringen von landesweiten TV- und Radioprogrammen über Printprodukte bis hin zu offenen Facebook-Gruppen.
Für den Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt, Jochen Fasco, sind Social-Media-Profile, Online-Portale und kommunale Amtsblätter weiterhin kein Ersatz für die Lokalberichterstattung in Zeitungen und Rundfunk. Lokale Medien seien für die Meinungsbildung in der Demokratie von entscheidender Bedeutung. Die Erhaltung und Förderung unabhängiger lokaler Qualitätsmedien solle daher oberste Priorität haben.
Derzeit größtes Problem für den seriösen Journalismus in Thüringen sind laut Fasco die Kosten. Anbieter aus allen Mediengattungen verzeichneten sinkende Einnahmen und prognostizieren das meistens auch für die Folgejahre. Der Druck etwa von Tageszeitungen werde zunehmend unrentabler. Seit dieser Woche verbreitet auch die in Südthüringen erscheinende Tageszeitung „Freies Wort“ ihr Produkt montags nur noch digital.
Insgesamt identifizierten die Wissenschaftler 233 Angebote von 77 Anbietern in Thüringen. 126 Angebote stehen laut Hagen in Konkurrenz zu den Lokalzeitungen.