Thüringer Verfassungsschutz sieht Demokratie unter Druck
Erfurt (epd).

Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz sieht die Demokratie im Freistaat zunehmend unter Druck. Überregionale und internationale Entwicklungen bestimmten immer mehr das Agieren der Feinde der freiheitlichen Demokratie in Thüringen, sagte Präsident Stephan Kramer bei der Vorstellung des diesjährigen Verfassungsschutzberichtes am Donnerstag in Erfurt.

Der rechtsextremistischen Szene Thüringens werden Kramer zufolge rund 2.880 Personen zugerechnet. Hier dominiere die AfD die Szene, was sich auch in personellem Zuwachs auf etwa 1.650 Personen ausdrücke. „Ihrem völkisch-nationalistischen Ziel eines ethnisch-homogenen Staatsvolks entsprechend ist ihr Agieren von den Themen 'Anti-Asyl' und Migration geprägt“, sagte Kramer. Forderungen nach „millionenfacher Remigration“ und „Rückabwicklung“ von erworbenen deutschen Staatsangehörigkeiten belegten ihre rassistischen und rechtsstaatswidrigen Positionen.

Während sich andere rechtsextremistische Parteien laut Bericht im Freistaat nahezu marginalisiert haben, sei die sogenannte Reichsbürgerszene in Thüringen weiterhin aktiv. Ihr Potenzial bewege sich mit rund 1.000 Personen auf dem Niveau des Vorjahres. Die Szene sei dabei äußerst heterogen, ihr ideologisches Fundament ebenso. Der im Dezember 2023 zur Anklage gebrachte Umsturzversuch der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß zeigt laut Bericht die Gefährlichkeit der Szene.

Die in Thüringen vertretenen linksextremistischen Parteien und Organisationen sind laut Verfassungsschutz Teil bundesweit bestehender Strukturen. Insgesamt umfasse die linke Szene 420 Personen. Davon würden 150 Personen als gewaltbereit gelten.

Laut Bericht war 2023 in Thüringen ein leichter Anstieg von linksextremistisch motivierten Straftaten von 353 auf 444 Taten zu verzeichnen. Nahezu gleich geblieben sei die Anzahl linksextremistisch motivierter Gewaltdelikte.

An Bedeutung hat laut Thüringer Verfassungsschutz seit 2022 auch die Spionageabwehr zugenommen. Ausländische Nachrichtendienste, insbesondere aus Russland, China, der Türkei und Iran, verbreiteten deutschlandweit Desinformation und Propaganda. Auch in Thüringen müssten sich Unternehmen zudem gegen Angriffe auf IT-Systeme wehren.

Der Innenexperte der CDU-Landtagsfraktion, Jonas Urbach, sagte, angesichts der wachsenden Desinformation und Propaganda, nachrichtendienstlich gesteuerten Cyberangriffen und hybrider Bedrohungen benötige der Verfassungsschutz mehr Befugnisse und Personal. Ziel müsse es sein, den Verfassungsschutz personell und technisch zu stärken und den Thüringer Sonderweg eines weitgehenden Verzichts auf V-Leute zu beenden, sagte der CDU-Politiker. Zur Abwehr terroristischer Bedrohungen gelte es, dem Verfassungsschutz die Befugnis zu Online-Durchsuchungen einzuräumen und die Cyberabwehr zu stärken, forderte Urbach.