Thüringen gedenkt der Opfer des Holocaust
Erfurt (epd).

Der Thüringer Landtag hat am Mittwoch gemeinsam mit der Landesregierung an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Landtagspräsident Thadäus König (CDU) bezeichnete in seiner Rede die Gräueltaten des Nationalsozialismus als keineswegs abgeschlossenes Kapitel der Geschichte. Sie seien ein Abgrund, dessen Echo bis heute in der Gesellschaft nachhalle.

Vor dem Hintergrund des Streits um den Wahlvorschlag des umstrittenen AfD-Politikers Jörg Prophet zum Vizepräsident des Landetages, sagte König, er erwarte, dass die Abgeordneten im Bewusstsein um diese historische Schuld handelten, die das unbedingte Eintreten für eine freiheitliche Demokratie und die Menschenwürde einforderten.

Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) sagte, in einer Zeit, in der Antisemitismus und Hass wieder an Stärke gewinnen, müsse verinnerlicht werden, dass die Lehren von Auschwitz nicht verhandelbar seien. Wer anders handele, stelle seine eigene Menschlichkeit infrage.

Die 1942 in Erfurt geborene Zeitzeugin Ingeburg Geißler berichtete den Abgeordneten aus ihrem Leben und der schrittweisen Entrechtung als sogenannte Halbjüdin im NS-Staat. Es sei für sie eine Genugtuung, ausgerechnet in jenem Gebäude ihre Rede zu halten, von dem aus sie im Januar 1945 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert worden sei, sagte die 92-Jährige. Sie verstehe bis heute nicht, wie das deutsche Volk die Ermordung so vieler Menschen geduldet habe, und dankte denjenigen, die den Opfern halfen.

Das Landtagsgebäude ist selbst ein NS-Erinnerungsort. 1942 wurde hier die Erfurter Sammelstelle für die Juden-Deportation eingerichtet.