Starke Stimme gegen Diskriminierung
Dresdner Historikerin Nora Goldenbogen gestorben
Dresden (epd).

Die langjährige Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, Nora Goldenbogen, ist tot. Sie starb in der Nacht zu Dienstag in Coswig bei Dresden im Alter von 75 Jahren, wie die jüdische Gemeinde in Dresden mitteilte. Goldenbogen war diplomierte Lehrerin für Deutsch und Geschichte und promovierte Historikerin. Sie wurde 1949 in Dresden als Tochter von Holocaust-Überlebenden geboren.

Von 2003 bis 2020 war sie Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Dresden, seit 2017 Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. Der sächsische Landesrabbiner Zsolt Balla würdigte sie als „ein verbindendes Glied in der Kette der jüdischen Gemeinden“. Ihr Tod sei ein großer Verlust für alle Jüdinnen und Juden in Sachsen.

Vertreterinnen und Vertreter aus Kirchen, Politik und Gesellschaft würdigten sie als eine engagierte, mutige Frau gegen Antisemitismus und Fremdenhass, als leidenschaftliche Kämpferin für Verständigung und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sowie weitere Mitglieder der Landesregierung zeigten sich tief betroffen vom Tod der Historikerin. Sie sei „eine herausragende Persönlichkeit des jüdischen Lebens in Sachsen“ gewesen und „eine starke Stimme gegen Diskriminierung“, erklärte Kretschmer.

Mit unermüdlichem Einsatz habe sie den interkulturellen Dialog gefördert und sich zeitlebens gegen Antisemitismus eingesetzt. Ihr Wirken habe jüdische Kultur und Identität in der Region nachhaltig geprägt, erklärte der Regierungschef. Ihr Verlust sei eine schmerzliche Lücke.

Der sächsische evangelische Landesbischof, Tobias Bilz, nannte sie „das Gesicht und die Stimme der jüdischen Gemeinden in Dresden und Sachsen“. Goldenbogen habe jüdisches Leben bewahrt und für andere erlebbar gemacht. Sie sei eine verlässliche Partnerin im christlich-jüdischen Dialog gewesen. Bis zuletzt habe sie sich für Demokratie und Zivilcourage sowie gegen Rechtsextremismus engagiert.

Goldenbogen hatte 1992 die Dresdner Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur Sachsen „Hatukva“ mitbegründet und leitete sie von 1996 bis 2014. Sie war unter anderem auch im Zentralrat der Juden in Deutschland aktiv sowie im Rundfunkrat des Mitteldeutschen Rundfunks. 2017 erhielt sie die Ehrenmedaille der Landeshauptstadt Dresden.

Die Historikerin hat mehrere Publikationen zur jüdischen Geschichte vorgelegt. In ihrem 2022 erschienenen Buch „Seit ich weiß, dass Du lebst. Liebe und Widerstand in finstersten Zeiten“ folgte sie den Spuren ihrer Familiengeschichte.

Der Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, betonte, dass sie immer wieder ihre Stimme gegen die Verschiebung der Grenzen des politischen Diskurses nach rechts erhoben habe. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) würdigte Goldenbogen als „hoch engagierte Persönlichkeit, die sich stets für die Solidarität mit Jüdinnen und Juden eingesetzt hat“. Landtagspräsident Alexander Dierks (CDU) erklärte, unermüdlich habe sie für die Sichtbarkeit jüdischen Lebens gewirkt.