RBB-Chefredakteur Biesinger tritt zurück
Sender zieht personelle Konsequenzen aus Gelbhaar-Affäre
Berlin (epd).

In der Affäre um die fehlerhafte Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar gibt es jetzt personelle Konsequenzen beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Chefredakteur David Biesinger und Programmdirektorin Katrin Günther legen ihre Ämter im Sender nieder, wie der RBB am Freitag in Berlin mitteilte. Günther werde bis zu einer Neubesetzung der Stelle zunächst kommissarisch im Amt bleiben. Über die künftigen Aufgaben von Biesinger und Günther sei der Sender mit beiden im Gespräch.

Der RBB hatte vor einigen Wochen über Belästigungsvorwürfe gegen Gelbhaar berichtet, die dieser zurückgewiesen hatte. Danach hatte der Sender „schwerwiegende Fehler“ bei der Berichterstattung eingeräumt und einen Großteil davon zurückgezogen. Die Identität einer zentralen vermeintlichen Zeugin sei nicht ausreichend überprüft worden, hieß es unter anderem. Gelbhaar fordert nach Senderangaben inzwischen rund 1,7 Millionen Euro Ausgleichszahlungen für Folgen der Berichterstattung. Der Noch-Bundestagsabgeordnete geriet im Zuge der Anschuldigungen kurz vor der Wahl am 23. Februar ins politische Aus.

Der RBB hatte auch eine unabhängige Untersuchungskommission mit der Aufklärung der Vorgänge bei der Berichterstattung beauftragt. Ein Zwischenbericht liegt nach Senderangaben seit dem 5. März vor. Intendantin Ulrike Demmer hatte am Mittwoch im Rundfunkrat einen Abschlussbericht der Kommission für Ende März angekündigt. Die bereits vorliegende Zusammenfassung sei 19 Seiten lang, hieß es am Freitag. Der Abschlussbericht werde voraussichtlich etwa 100 Seiten umfassen.

Demmer erklärte, die Führung des RBB stehe zu ihrer Verantwortung. Die „substanziellen und unmissverständlichen Konsequenzen aus der fehlerhaften Berichterstattung und der Aufarbeitung“ sollen sicherstellen, dass im Sender hohe Standards „auch wirklich angewandt werden“. Anspruch des RBB sei, das uneingeschränkte Vertrauen des Publikums in eine unabhängige, unvoreingenommene und verlässliche Berichterstattung wiederherzustellen.

Demmer erklärte, sie respektiere die Entscheidungen von Katrin Günther und David Biesinger, ihre Ämter abzugeben. Sie danke beiden „für das starke Signal, persönliche Konsequenzen zu ziehen“. Kommissarische Chefredakteurin des RBB wird den Angaben zufolge Stephanie Pieper, die derzeitige Leiterin des RBB-Inforadios und des Digitalbereichs.

Biesinger betonte, der Neuanfang an der Spitze der Chefredaktion solle dazu beitragen, die publizistische Reputation des Senders wiederherzustellen. Günther erklärte, der RBB habe im Fall Gelbhaar „insgesamt programmlich versagt“. Dafür sehe sie sich in der Verantwortung und lege deshalb ihr Amt nieder.

Der RBB kündigte am Freitag erneut erste strukturelle Konsequenzen aus der fehlerhaften Berichterstattung an. Die bestehenden investigativen Einheiten würden „künftig in Recherchen dieser Tragweite zwingend einbezogen“, hieß es. Die Chefredaktion werde zudem eine aktive Rolle bei der Kontrolle solcher Recherchen wahrnehmen. Auch verpflichtende Schulungen zur sogenannten Verdachtsberichterstattung sollen eingeführt werden.