Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel könnte laut Umweltbundesamt noch mehr für Nachhaltigkeit im Supermarktregal tun. Dies zeige eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau im Auftrag des Umweltbundesamtes. Diese hatte zum zweiten Mal nach 2022 die Nachhaltigkeitsaktivitäten des Lebensmitteleinzelhandels untersucht.
Laut der am Donnerstag in Berlin vorgestellten Analyse engagiert sich der deutsche Lebensmitteleinzelhandel zwar schon in diesem Bereich. Die Unternehmen könnten ihren Einfluss und ihren Handlungsspielraum aber noch stärker nutzen, um das Ernährungssystem in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken, sagte der Agrarwissenschaftler und Autor der Studie, Christian Schader: „Ob bei der Auswahl des Produktsortiments, der Art der Verpackungen oder dem Umgang mit Lebensmittelabfällen - es gibt viele Stellschrauben für mehr Nachhaltigkeit im Supermarkt.“
Laut Umweltbundesamt-Präsident Dirk Messner gibt es angesichts zunehmender Naturkatastrophen „viele gute Gründe, dass wir in unserem Ernährungssystem nachhaltiger werden“. „Dabei ist es sinnvoll und logisch, bei dem Schlüsselakteur der Wertschöpfungskette - dem Lebensmitteleinzelhandel - anzusetzen“, sagte Messner. Der Handel übe großen Einfluss auf die Landwirtschaft und auf das Einkaufsverhalten der Bevölkerung aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Vorangehen eines Unternehmens von anderen nachgeahmt werde, sei durch den wachsenden öffentlichen Druck und die Wettbewerbssituation untereinander relativ groß.
Untersucht wurden laut Schader die acht umsatzstärksten deutschen Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel, die zusammen einen geschätzten Markanteil von 75 Prozent haben. Dafür stellten Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto Markendiscount, Penny und Rewe entsprechende eigene Daten beispielsweise zum Nachhaltigkeitsmanagement zur Verfügung. In vielen Bereichen hätten Discounter wie Aldi Süd etwa beim Tierwohl am besten abgeschnitten, sagte Schader.
Gegenüber den Ergebnissen der Untersuchung von 2022 hätten sich viele Unternehmen in den meisten Handlungsfeldern verbessert, insbesondere im Nachhaltigkeitsmanagement. Die größten Defizite gebe es noch bei der Beschaffung der Rohstoffe und Produkte.
Auch bei der sogenannten Produktansprache sieht der Wissenschaftler Luft nach oben. So sollte sogenannte Flugware, die 170-mal mehr Treibhausgase emittiert als ein Transport per Schiff, auf den Verpackungen deutlich gekennzeichnet werden. Auch sollten nachhaltige Produkte via Quersubventionierung billiger gemacht werden. Einen großen Einfluss auf die nachhaltige Erzeugung hätten die Supermarkt-Ketten zudem bei ihren jeweiligen Eigenmarken.
Messner betonte mit Blick auf den Klimawandel: „Wir können die Veränderungen nicht mehr verhindern, aber wir können sie gestalten.“ Wichtig sei eine gemeinsame Transformation von Einzelhandel, Lieferanten und Landwirtschaft, um allen ein einträgliches Wirtschaften zu ermöglichen. Ein einfaches „Weiterreichen“ von mehr Nachhaltigkeitsanforderungen führe nur zu noch größerem Unmut bei Bäuerinnen und Bauern.