Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten Union (dju) hat die gewaltsamen Angriffe auf zwei jüdische Journalisten und einen ver.di-Gewerkschafter durch pro-palästinensische Aktivisten am Samstag in Berlin verurteilt. „Diese Attacken sind ein Angriff auf die Pressefreiheit und die Meinungsvielfalt in unserem Land“, erklärte der Co-Vorsitzende im dju-Bundesvorstand, Lars Hansen, am Montag in Berlin: „Wer dies nicht uneingeschränkt anerkennt, missachtet die Prinzipien der Demokratie.“
Die zu ver.di gehörende dju und ihre Partner-Organisationen beobachten laut Hansen einen zunehmenden Antisemitismus. Die Co-Vorsitzende des Verbandes Jüdischer Journalistinnen und Journalisten, Susanne Stephan, erklärte, „wir erwarten eine umfassende und zügige Aufklärung der Vorfälle vom vergangenen Wochenende“.
Am Samstag wurden am Rande von Demonstrationen unter anderem zum Frauentag in Berlin-Kreuzberg der Geschäftsführer der dju Berlin-Brandenburg, Jörg Reichel, sowie zwei Vertreter des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) attackiert. Reichel und der JFDA-Videojournalist Yalcin Askin wurden nach eigenen Angaben in einem Café von anderen Gästen als Zionisten und Rassisten beschimpft und bedrängt. Askin wurde zudem vor die Brust geschlagen und niedergedrückt.
Später wurde sein JFDA-Kollege Levi Salomon, als er eine Rede filmen wollte, bewusst behindert und von einer Frau mit warmem Tee übergossen. Salomon sagte dem epd, eine solche Brutalität und Aggressivität gegen sich habe er auf einer Demo noch nicht erlebt.
Nach Zählungen des dju hat es bei Demonstrationen allgemein in Deutschland 2024 mehr als 100 Angriffe auf Pressevertreter gegeben. Allein die Hälfte der Angriffe (50) fand laut Reichel bei pro-palästinensischen und israelfeindlichen Aufzügen in Berlin statt.
Auf fast jeder Demonstration radikaler lslamisten und linker, militanter Splittergruppen gebe es mittlerweile Gewalt gegen die Presse, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Und wir reden hier nicht von Beleidigungen und Beschimpfungen, sondern von körperlichen Übergriffen und Attacken“, sagte Reichel. Neben Berlin seien München und das Ruhrgebiet die Hotspots der Szene.
Laut Reichel ist das Phänomen der Gewalt gegen Pressevertreter seit den Corona-Protesten bekannt. Seit dem 7. Oktober 2023, dem Überfall der Hamas auf Israel, habe sich diese Entwicklung weiter verstärkt. Da nur noch eine Handvoll Kolleginnen und Kollegen über die Nahost-Demonstrationen regelmäßig berichteten, würde diese von militanten Aktivisten öffentlich markiert und verstärkt angegriffen. Das gehe bis zu „Fahndungsplakaten“, mit denen beispielsweise der „taz“-Autor Nicholas Potter im Januar diffamiert wurde.
Die Polizei ermittle zudem wegen einer von militanten Palästina-Aktivisten angelegten sogenannten Feindesliste mit Namen und Privatadressen von Journalisten. Einer der Betroffenen ist Reichel selbst. Bei der Berliner Polizei sieht er mittlerweile eine hohe Sensibilität beim Schutz der Presse bei Demonstrationen: „Das hat sich positiv entwickelt.“