Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hat am Dienstag an den 86. Jahrestag der antisemitischen Pogrome vom 9. zum 10. November 1938 in der Stadt erinnert. Dabei wurden vor dem Jüdischen Gemeindehaus den ganzen Tag über die Namen der 55.696 im Holocaust ermordeten Berliner Juden vorgelesen. Berlins Bürgermeister, Finanzsenator Stefan Evers (CDU), erklärte anlässlich einer Gedenkveranstaltung, Berlin habe bei der Bekämpfung des Antisemitismus eine besondere Verantwortung, weil aus dieser Stadt der Zivilisationsbruch der Schoah organisiert wurde.
Dabei verwies Evers darauf, dass hinter judenfeindlichen Angriffen heutzutage nicht immer Rechtsextremisten steckten. Inzwischen gebe es auch einen israelbezogenenen links-imperialistischen Antisemitismus sowie einen allzu lange ignorierten importierten Antisemitismus. Der Schutz jüdischen Lebens müsse dabei eine Aufgabe für alle sein. Hass, Gewalt, Rassismus und Volksverhetzung müsse gemeinsam entgegengetreten werden, betonte Evers in Vertretung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU).
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Gideon Joffe, erklärte mit Blick auf die Nazi-Pogrome vom November 1938: „Dabei haben wir sowohl die schwarz-weiß-Fotos aus dieser Zeit vor Augen, als auch die aktuellen Aufnahmen aus Berlin, Europa und der ganzen Welt.“ Aus dem weltweiten Bekenntnis „Nie wieder!“ sei heute die Unsicherheit des „Schon wieder?“ geworden. Joffe appellierte an Politik, Kirchen und Zivilgesellschaft, „die Kräfte dringend zu bündeln, um gemeinsam diese demokratiegefährdenden Zustände zu beenden“.