In Berlin gibt es künftig für Kultureinrichtungen und Künstler eine Anlaufstelle zum Thema Antisemitismus. Ziel des Projekts „Open Arts Hub Berlin“ ist es, bei der Entwicklung von Kulturprojekten und Programmen beratend zur Seite zu stehen, um antisemitische Vorfälle zu vermeiden. Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) sagte am Freitag in Berlin, mit dem bundesweit bislang einmaligen Projekt werde eine wichtige Lücke in der Kulturlandschaft im Kampf gegen Judenfeindlichkeit geschlossen.
Finanziert wird die Beratungsstelle von seinem Haus mit etwas über 500.000 Euro, sagte Chialo. Diese stammen aus dem mit zehn Millionen Euro ausgestatteten Projektfonds gegen Antisemitismus. Geplant sind jeweils zwei Mitarbeiterstellen bei den beiden Trägervereinen Ofek, einer Beratungsstelle für Betroffene antisemitischer Vorfälle, und dem Institut für Neue Soziale Plastik. Beim Institut werden nach eigenen Angaben bislang insbesondere künstlerische Projekte aus jüdischer Perspektive entwickelt.
„Open Arts Hub Berlin“ soll neben der Beratung von Künstlern und Einrichtungen auch Workshops und Runde Tische anbieten sowie die Vernetzung jüdischer und israelischer Künstlerinnen und Künstler fördern. Chialo zeigte sich überzeugt, dass die Beratungsstelle trotz des Sparkurses des Senates auch in den kommenden Jahren finanziert werden kann.
Ergänzt werden soll die künftige Arbeit durch die Expertise der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) und der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Berlin. MBR hat bereits nach eigenen Angaben Kulturinstitutionen bei der Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Rechtsextremismus, Rassismus und Verschwörungsideologien unterstützt. RIAS ist ein stadtweites Meldenetzwerk für antisemitische Vorfälle.
Institutsleiterin Stella Leder betonte, dass mit der neuen Beratungsstelle die vorhandene Expertise der beteiligten Vereine gebündelt werde. Ofek-Geschäftsführerin Marina Chernivsky kritisierte, dass bis heute Kultureinrichtungen in ihren Programmen oft nicht inklusiv für die jüdische Bevölkerung seien. Beide berichteten, dass sie schon Theater- und Filmproduktionen beraten haben, unter anderem nach Boykottaufrufen und Shitstorms in den sozialen Medien. Chernivsky betonte, bei der Beratung von Projekten gebe es keine Eingriffe in die künstlerische Freiheit.
Die Eröffnung der neuen Beratungsstelle fällt zusammen mit Fördergeldkürzungen für andere Berliner Projekte gegen Antisemitismus, wie etwa für die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus und das muslimisch-jüdische Dialogprojekt „meet2respect“ durch die Senatsbildungsverwaltung. Chialo betonte, es gebe derzeit Gespräche zwischen mehreren Senatsverwaltungen, um die Projekte auch in Zukunft zu fördern. Das Thema Antisemitismus werde vom Senat weiter prioritär behandelt.
Mit Blick auf die vor gut einem Jahr von Chialo zurückgezogene umstrittene Antidiskriminierungsklausel für öffentlich geförderte Kultureinrichtungen sagte er, er gehe davon aus, dass eine neu formulierte „Demokratieklausel“ noch in diesem Jahr komme. Die Federführung dazu liege bei der Senatskanzlei.