Die Bundesregierung und das Land Sachsen-Anhalt wollen den Opfern des Attentats auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit umfassenden Hilfen zur Seite stehen. „Unser Land darf und wird die Betroffenen des Anschlags nicht allein lassen“, sagte der Opferbeauftragte des Bundes, Roland Weber, am Montag in Magdeburg. Der Anschlag sei in seiner Dimension beispiellos in der jüngeren Vergangenheit der Bundesrepublik.
Sachsen-Anhalts Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) stellte in Aussicht, den Opferhilfefonds des Landes aufzustocken. Dieser sei derzeit nicht so ausgestattet, dass er dem Geschehen in Magdeburg und dem Entschädigungsanspruch in ausreichender Weise gerecht werden könne, sagte sie. Dazu machten sich die Landtagsabgeordneten derzeit intensiv Gedanken.
Eine Erhöhung des Ansatzes sei ein „großes Thema“. Eventuell würden Einzelleistungen oder die Gesamthöhe angepasst, sagte die Justizministerin. Ob es ergänzende oder begleitende Leistungen zu den Zahlungen des Bundesopferbeauftragten geben werde, sei Gegenstand der parlamentarischen Befassung.
Der Bundesopferbeauftragte sagte, bisher hätten sich zwischen 600 und 800 Betroffene gemeldet. Die Erfahrung zeige jedoch, dass es noch deutlich mehr werden könnten. Betroffene seien etwa Menschen, die Angehörige verloren haben, verletzt wurden oder Augenzeugen der Tat oder psychisch belastet sind. Dazu gehörten auch Sanitäter, Feuerwehrleute und Notfallseelsorger. Ziel sei, vor allem als Lotse tätig zu sein und über Hilfsangebote zu informieren.
Anders als nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin 2016 sei es gelungen, sehr schnell Kontakt zu den Betroffenen herzustellen, hieß es. Mehr als 600 Menschen seien bereits angeschrieben worden und hätten Unterstützungsangebote erhalten. Inzwischen seien rund 230 Gespräche geführt worden.
Weber betonte die Absicht der Bundesregierung, die Betroffenen wie Terroropfer einzustufen. Dies habe Auswirkungen auf die Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe. Hintergrund ist, dass der Generalbundesanwalt das Weihnachtsmarkt-Attentat bisher nicht als Terroranschlag eingestuft und das Verfahren nicht an sich gezogen hat.
Der Opferbeauftragte betonte, für die Geschädigten mache die Motivlage des Täters keinen Unterschied. Deshalb habe Bundesjustizminister Volker Wissing (parteilos) eine Gleichstellung der Betroffenen mit Terroropfern in Aussicht gestellt. Dazu müsse der Bundestag abschließend die Finanzmittel freigeben. Die Opfer seien aber in keinem Fall schutzlos.
Sachsen-Anhalts Landesopferbeauftragte Gabriele Theren ergänzte, es gehe darum, zu „unorthodoxen Lösungen“ zu kommen. Es stellten sich auch Fragen „außerhalb des klassischen Systems“. In manchen Fällen seien Lösungen gefunden worden, die „großzügig über die klassischen rechtlichen Grenzen hinweggehen“, sagte sie.
Am 20. Dezember vergangenen Jahres war ein 50-jähriger Mann mit einem Auto in die Menschenmenge auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt gefahren. Dadurch starben sechs Menschen, rund 300 wurden verletzt. Der Mann sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Sein Motiv ist noch unklar.