Die Hamburger Linksfraktion fordert schnellstmöglich eine Schutzunterkunft für queere Geflüchtete. Den Antrag werde die Fraktion in der (heutigen) Bürgerschaftssitzung stellen, teilten die Linken am Mittwoch mit. Queere Geflüchtete seien in beengten Wohnverhältnissen der Unterkünfte oft den Anfeindungen anderer Bewohnerinnen und Bewohner ausgesetzt.
Eine Anfrage der Linken an den Senat hatte ergeben, dass der rot-grüne Senat alle Pläne für eine solche Schutzunterkunft aufgegeben hat. Die ursprünglichen Pläne in Hamburg-Winterhude waren im Januar am Widerstand der Anwohnerschaft gescheitert. Zudem stellten die Linken, Grünen und Volt einen gemeinsamen Antrag an die Bezirksversammlung Nord, die am Donnerstag tagt. Darin fordern sie eine geschützte Unterkunft für queere Geflüchtete „gerne im Bezirk Hamburg-Nord“, wie die Linksfraktion Hamburg-Nord mitteilte.
„Aus den Beratungsstellen ist zu hören, dass queere Geflüchtete durch die derzeitigen WGs in Standard-Unterkünften nicht geschützt sind - sie werden auf dem Gelände der Unterkunft nach wie vor Anfeindungen ausgesetzt“, sagte Carola Ensslen, queer- und fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bürgerschaft. Ein echter Schutz lasse sich nur durch eine eigene Unterkunft für queere Geflüchtete herstellen. Sie fordert den Senat auf, sich für die Belange queerer Menschen auch dann noch einzusetzen, wenn eine wohlhabende Nachbarschaft sowie Anwältinnen und Anwälte „Stimmung machen“.
Queere Menschen flüchteten nach Deutschland, weil sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität in ihren Heimatländern nicht sicher seien und verfolgt würden, hieß es von der Linksfraktion Hamburg-Nord. Als „absolut unverständlich“ habe der Grünen-Bezirksabgeordnete Christoph Reiffert „die Weigerung der Sozialbehörde, gefährdete queere Geflüchtete endlich angemessen zu schützen“, bezeichnet. Von ihm habe es geheißen: „Wir als Bezirksversammlung sollten jedenfalls das deutliche Signal senden, dass Grundrechte nicht verhandelbar sind.“ Mit der Beratungsstelle Magnus Hirschfeld Centrum (mhc) gebe es in Winterhude zudem die nötige Expertise, um queere Menschen zu begleiten, teilte die Linksfraktion Hamburg-Nord mit.
Dass der aktuelle Schutz nicht ausreiche, würden die mhc-Beratungen für geflüchtete queere Menschen zeigen: Etwa die Hälfte von rund 900 Beratungen im vergangenen Jahr hätten Anfeindungen zum Thema gehabt, hieß es. 44 Fälle hätten Personen betroffen, die in sogenannten Schutzwohngemeinschaften lebten. Dabei seien die direkten persönlichen Wohnbereiche zwar vom Rest einer Unterkunft getrennt, doch Teile der Infrastruktur würden gemeinsam mit den übrigen Bewohnenden genutzt.
„Queer“ ist ein Sammelbegriff für alle Menschen, die sich in ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität nicht mit dem Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.