Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) klagt gegen das Bettelverbot in Bussen und Bahnen des Hamburger Verkehrsverbunds (hvv). Sie habe am Mittwoch gemeinsam mit dem Hamburger Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ und zwei Betroffenen Klage beim Amtsgericht in Hamburg eingereicht, teilten die GFF in Berlin und „Hinz&Kunzt“ in Hamburg mit. Ziel der Klage sei eine gerichtliche Klarstellung, dass das pauschale Bettelverbot das Persönlichkeitsrecht und die Meinungsfreiheit der Betroffenen verletzt und deshalb die Regelung in den Beförderungsbedingungen unwirksam ist.
Im Detail handele es sich um zwei Klagen, erläuterte eine GFF-Sprecherin auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Sie richteten sich zum einen gegen die S-Bahn Hamburg (Amtsgericht Hamburg-St. Georg) und zum anderen gegen die Hochbahn Hamburg (Amtsgericht Hamburg-Mitte).
Die hvv-Beförderungsbedingungen verbieten es laut GFF, in Bussen, Bahnen und an Haltestellen friedlich um Hilfe zu bitten. Seit Mai 2024 werde dieses Bettelverbot durch Kontrolleurinnen, Kontrolleure und Lautsprecherdurchsagen verstärkt durchgesetzt. Eine Anfrage der Hamburger Linksfraktion an den Senat habe ergeben, dass im ersten Halbjahr 2024 bereits 1.319 Bußgelder wegen Bettelns und Musizierens in den Bahnen verhängt wurden. Die Betroffenen hätten insgesamt über 50.000 Euro zahlen müssen. Wer sein Bußgeld nicht zahlen kann, müsse mit einem Inkassoverfahren rechnen.
Nach Ansicht der GFF verletzt ein pauschales Bettelverbot das Persönlichkeitsrecht armutsbetroffener Menschen und greift unverhältnismäßig in ihre Meinungsfreiheit ein. Verkehrsbetriebe müssten diese Grundrechte ihrer Fahrgäste achten. Dass Menschen die Konfrontation mit sichtbarer Armut unangenehm ist, rechtfertige kein Bettelverbot.
„Menschen in Not haben das Recht, um Hilfe zu bitten - auch und erst recht die Ärmsten unter uns. Arme Menschen für ihren Appell an Mitmenschlichkeit zu bestrafen, ist menschenverachtend und verletzt Grundrechte“, erklärte Mareile Dedekind, Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. Das Gericht habe jetzt die Möglichkeit, „diese rechtswidrige Praxis zu beenden und damit bundesweit für Klarstellung zu sorgen“. Auch in München, Berlin und Bremen sähen Verkehrsbetriebe ein Bettelverbot vor.