
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat die engen Beziehungen des Landes mit den Kirchen gewürdigt. „In Zeiten tiefgreifender Veränderungen ist dieser Dialog wichtiger denn je“, sagte er am Dienstagabend in Hannover bei einem Festakt zum 60-jährigen und 70-jährigen Bestehen zweier bedeutender Staatskirchenverträge. Dabei ging es um den 1955 geschlossenen Loccumer Vertrag mit den evangelischen Kirchen und das Niedersachsen-Konkordat mit der katholischen Kirche aus dem Jahr 1965.
Diese Verträge stünden für eine „vertrauensvolle Partnerschaft zwischen Staat und Kirchen“, unterstrich Weil vor rund 180 geladenen Gästen im Alten Rathaus: „Beide Vereinbarungen haben verlässliche Grundlagen für Dialog und Zusammenarbeit geschaffen - geprägt von Respekt und gemeinsamer Verantwortung für die Gesellschaft.“ Sie seien zwei historische Dokumente, die bis heute nichts von ihrer Bedeutung und Aktualität eingebüßt hätten.
Die beiden Vertragswerke regeln die Zusammenarbeit des Landes mit den evangelischen Kirchen und den katholischen Bistümern auf der Grundlage der verfassungsmäßigen Trennung von Staat und Kirche. Im Einzelnen geht es etwa um den Schutz der Sonntage und kirchlichen Feiertage, den Religionsunterricht und die Seelsorge in Krankenhäusern und Gefängnissen.
Der Vorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit, wies auf die gemeinsame Verantwortung von Staat und Kirche für die Gesellschaft hin. Beiden gehe es darum, „das Gemeinwohl zu fördern und die gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes zu begleiten“. Der Loccumer Vertrag sei der „Grundpfeiler“ ihrer guten Beziehungen.
Zugleich hob Adomeit den dort verankerten Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen hervor. „Dass die Kirche nicht schweigen darf, wenn antidemokratische Kräfte sich anmaßen, die Grundlagen unserer Gesellschaft anzugreifen, nämlich Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt, das ist eine Lehre aus der Zeit des Nationalsozialismus“, betonte er. Daran wolle sich die Kirche weiter orientieren. Sie sei nicht nur ein Ort des Glaubens und der Seelsorge, sondern auch „ein Akteur im öffentlichen Leben“.
Für die katholische Kirche unterstrich der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, die Bedeutung des Niedersachsen-Konkordats für das gute Verhältnis zwischen Staat und Kirche im Land. „Rückblickend darf man sagen, dass dieser Vertrag sich bewährt hat“, erklärte er. Das Land und die katholische Kirche pflegten ein sehr konstruktives und freundschaftliches Miteinander. „Das dient letztlich dem Wohl aller Menschen in Niedersachsen.“
Der Loccumer Vertrag wurde vor 70 Jahren, am 19. März 1955, im Kloster Loccum bei Nienburg von der Landesregierung und den fünf evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen unterzeichnet. Er war der erste Staatskirchenvertrag in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und wurde zum Vorbild für alle weiteren deutschen Staatskirchenverträge. Zur Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen gehören die lutherischen Landeskirchen von Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz in Leer.
Das Niedersachsen-Konkordat ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen dem Land Niedersachsen und dem Vatikan. Es wurde am 26. Februar 1965 unterzeichnet. Im Konkordat geht es unter anderem um den Schutz der Sonn- und Feiertage, die Ausbildung der Religionslehrer und die Präsenz katholischer Vertreter im Rundfunkwesen.