Gedenken am "Victory Hill"
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Gedenken am "Victory Hill"
Auf einer Anhöhe bei Lüneburg endete der Zweite Weltkrieg früher
Lüneburg (epd).

Wo heute Felder an ein Waldstück mit einem Truppenübungsplatz grenzen, spielte sich vor 80 Jahren Weltgeschichte ab. Auf dem Timeloberg, wenige Kilometer südöstlich von Lüneburg, nahm der britische Feldmarschall Bernard Montgomery am 4. Mai 1945 um kurz nach 18 Uhr die Teilkapitulation der deutschen Wehrmacht entgegen. Damit war das Ende des Zweiten Weltkriegs eingeleitet. In der Region setzen sich heute Menschen ein, damit das Ereignis nicht vergessen wird und eine Mahnung gegen den Krieg bleibt.

Montgomery taufte den Timeloberg, benannt nach einer alten Flurbezeichnung, kurzerhand in „Victory Hill“ um. „Wir haben den Krieg gewonnen. Lasst uns jetzt den Frieden gewinnen“, lautete sein Appell damals. Die deutsche Gesamtkapitulation erfolgte kurz darauf im US-Hauptquartier im französischen Reims (7. Mai) und im sowjetischen Hauptquartier in Berlin (8. Mai).

Seit 1995 weist auf der Anhöhe bei Lüneburg ein schlichter Findling mit einer Aufschrift auf das Ereignis hin, das lange vergessen schien. Dirk Hagener (83), und seine Frau Birthe (78) hatten selbst erlebt, dass die historische Bedeutung des Timelobergs für Besucher kaum erkennbar war. „Wir kamen vor einigen Jahren auf einer Radtour zufällig hier vorbei und entdeckten den Gedenkstein“, erzählt Birthe Hagener bei einem Rundgang an dem historischen Ort. „Hier soll der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen sein?“, fragten sie sich überrascht.

Die Hageners gehören zu einer Projektgruppe aus Einzelpersonen und Institutionen, wie dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge oder einiger Kommunalgemeinden, die sich dafür einsetzten, dass 2019 Infotafeln mit ausführlichen Informationen aufgestellt wurden. Jugendliche einer Lüneburger Schule waren beteiligt, als die deutsch-englischen Infotafeln entstanden. Das Geschehen am Timeloberg sei „Ausgangspunkt für eine Epoche des Friedens und der Freiheit in Europa sowie der Aussöhnung und Freundschaft mit den Nachbarländern“, sagt Dirk Hagener, promovierter Historiker und pensionierter Schulleiter. „Das wollen wir begreiflich und einem breiten Publikum bekannt machen.“

Zu einer Gedenkfeier zum 80. Jahrestag werden am Timeloberg die Enkel der einstigen Kriegsgegner Montgomery und, auf deutscher Seite, Generaladmiral Hans Georg von Friedeburg erwartet: Lord Henry Montgomery, Lady Arabella Stuart-Smith und Christoph von Friedeburg. Auch die niedersächsische Landtagspräsidentin Hanna Naber wird sprechen. Beteiligt sind auch Schülerinnen und Schüler aus Dänemark, Großbritannien und den Niederlanden, die anlässlich des Jahrestages zu einer Jugendbegegnung nach Lüneburg kommen.

Rund um den Gedenktag bietet der Lüneburger Chronist Hans-Joachim Boldt (68) öffentliche Führungen an. „Der Originalschauplatz, an dem die Kapitulation damals unterzeichnet wurde, liegt etwa 400 Meter vom Gedenkstein entfernt auf Bundeswehrgelände“, erklärt Boldt. Das sei sonst nicht zugänglich.

Bei den Führungen wird Boldt auch über die Geschichte des Gedenksteins informieren, der offenbar nicht allen willkommen war. Schon kurz nach der Aufstellung vor 30 Jahren wurde der Findling umgeworfen, später beschädigten Unbekannte die Aufschrift. Sie wurde erneuert. Doch die erste Version ist noch heute auf der Rückseite des Steins zu erkennen.

Auch in Lüneburg wird der 80. Jahrestag des Kriegsendes mit zahlreichen Veranstaltungen gewürdigt. Mit einem ganztägigen Fest auf dem Marktplatz am 3. Mai erinnert die Stadt an die geschichtlichen Ereignisse in der Region. Abends ist eine Installation mit Licht und Musik geplant. Am 8. Mai folgt ein Fest zur „Befreiung von Faschismus und Krieg“, das Initiativen vorbereiten. Und am 18. Mai lädt wiederum die Stadt zu einem „Friedensfest“ mit Musikprogramm ein. Dabei wird auch die „Blaue Friedensherde“ zu sehen sein, ein Kunstprojekt mit farbigen Schaf-Figuren unter Schirmherrschaft des EU-Parlaments.

An ein weiteres historisches Datum erinnern die Kirchen in und um Lüneburg. Sie läuten am 5. Mai um 8 Uhr die Glocken. Genau um diese Zeit trat der Waffenstillstand in Kraft, der am Vorabend auf dem Timeloberg vereinbart worden war.

Von Detlev Brockes (epd)