
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat bis auf Weiteres die Darmstädter Michaelsgemeinde geschlossen. Dort waren im vergangenen Dezember auf einem Weihnachtsmarkt antisemitische und antiisraelische Symbole durch eine Palästina-Solidaritätsgruppe angeboten worden. In der Folge waren mehrere Strafanzeigen gegen die Gemeinde und die Kirche erstattet worden, auch die EKHN selbst hatte Anzeige erstattet. Die Gemeindemitglieder wurden gebeten, für Gottesdienste oder die Seelsorge die fußläufig entfernten Nachbargemeinden Martin Luther und Johannes aufzusuchen, teilte die EKHN am 7. März in Darmstadt mit.
Eine derart drastische Sanktion gegen eine Kirchengemeinde habe er noch nicht erlebt, sagte der Leiter der EKHN-Öffentlichkeitsarbeit, Volker Rahn, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Dekanatssynodalvorstand (DSV) in Darmstadt habe am 6. März beschlossen, das Gemeindehaus zu schließen. Bei der Überprüfung der Vorgänge habe der DSV festgestellt, dass das Gemeindehaus von vielen Gruppen genutzt werde, wobei gar nicht klar sei, ob sie dafür überhaupt befugt seien. Auch sei nicht klar, wer über Schlüssel dafür verfüge. Lange bestehende Gemeindegruppen wie der Seniorenkreis bekämen alternative Räume in Nachbargemeinden zur Verfügung gestellt. Die aus dem Jahr 1960 stammende Kirche ist wegen Baumängeln bereits geschlossen.
Der Hauptorganisator des „Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkts“ ist nach Angaben der EKHN vom Kirchenvorstand ausgeschlossen worden. Er sei nicht freiwillig zurückgetreten und habe keine Einsicht gezeigt, sagte Rahn. Für den politischen Weihnachtsmarkt habe es nicht den erforderlichen Beschluss des Kirchenvorstands gegeben. Auf dem Weihnachtsmarkt hatte die Gruppe „Darmstadt4Palestine“ Kennzeichen der verbotenen Terrororganisation Hamas, das rote Dreieck, ausgelegt und den Slogan „From the river to the sea“, der die Auslöschung Israels fordert. Dem Pfarrer der Gemeinde war in der Folge die Ausübung seines Amtes untersagt worden. Die Kirche prüfe, welche andere Aufgabe er künftig übernehmen könne, sagte Rahn.
Der DSV werde „die bisherigen Angebote der Michaelsgemeinde überprüfen und klären, was fortgeführt wird und was nicht“, teilte der Kirchensprecher mit. Das künftige Leben der Gemeinde werde gemeinsam mit den Nachbargemeinden in dem neuen „Nachbarschaftsraum City Ost“ abgestimmt. Einen Termin für die Neuwahl des nach Rücktritten beschlussunfähigen Kirchenvorstands gebe es nicht. Die Klärungen würden voraussichtlich mehrere Monate dauern, sagte Rahn. Auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien noch nicht abgeschlossen.