Diakonie: Bürokratie behindert Job-Integration Geflüchteter

Lange Anerkennungsverfahren, befristete Arbeitserlaubnisse, fehlende Sprachkurse: Die Mängelliste bei der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt ist lang. Diakonische Unternehmen fordern, die Zugänge schnell flexibler zu machen.

Berlin, Leipzig, Frankfurt a.M. (epd). Bei der Integration von Geflüchteten in den hiesigen Arbeitsmarkt liegt manches im Argen. Viele der Schwierigkeiten sehen Personalchefs diakonischer Betriebe im langsamen Arbeiten der Behörden begründet. „Wir haben überall Fachkräftemangel und viele qualifizierte Flüchtlinge. Dennoch kriegen wir es nicht hin, die Zugänge zum Arbeitsmarkt zu flexibilisieren und zu vereinfachen“, kritisierte der Vorstandsvorsitzende des Verbandes diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD), Ingo Habenicht, jüngst bei einem fachlichen Austausch der Träger.

Bei der Johanniter-Unfallhilfe führte der Bürokratiefrust so weit, dass ein bewährtes Programm zur Arbeitsmarktintegration auf Eis gelegt wurde. Seit 2019 hatten sich an der Johanniter-Akademie in Leipzig in sogenannten Zielkursen 73 Personen zur Pflegehilfskraft oder für den Rettungssanitätsdienst qualifizieren lassen - doch der bislang letzte Kurs endete im Mai.

„Wir wollten Geflüchteten, die schon hier leben, den Einstieg in die Berufsfelder Pflege und Rettungsdienst ermöglichen“, berichtet Antje Zajonz, die an der Akademie die Arbeitsintegration für Migranten leitet, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Das Ganze wurde niedrigschwellig und ohne große Hürden angeboten“, erläutert sie. Später wurde das Kursangebot, zu dem auch berufsbezogener Deutschunterricht gehört, auf alle Migranten ausgeweitet. Die Absolventen seien anschließend in der Lage, eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben.

Doch das zuständige Jobcenter wurde zum Nadelöhr: Es muss für alle Teilnehmer Bildungsgutscheine bewilligen. Nur so ist die Kostenübernahme gesichert. „Unsere Unterlagen gehen ans Jobcenter. Dann warten wir auf die Bewilligung der Bildungsgutscheine.“ Das sei immer sehr schwierig gewesen, unterstreicht die Expertin. „Es sind stets Einzelfallentscheidungen, die man nicht versteht und die auch nicht transparent gemacht werden. Es gab immer wieder Gründe, die Finanzierung abzulehnen.“ Zudem wurden die Bildungsgutscheine nach zunehmend längerem Warten oft sehr kurzfristig bewilligt: „Das war für uns nicht mehr zu handhaben.“ Die Akademie brauche Vorlauf, um das Lehrpersonal rechtzeitig vertraglich zu binden.

Auch die „Zentralwohlfahrtsstelle der Juden“ (ZWST) mit Sitz in Frankfurt am Main beklagt den Aufwand der Berufsanerkennung von Geflüchteten. „Viele Ukrainer sind Akademiker und könnten in ihren Berufen arbeiten, vorausgesetzt, ihre Abschlüsse würden anerkannt“, sagte der Leiter des Berliner Büros der ZWST, Günter Jek, dem epd. Die Anerkennung eines Abschlusses dauere in Deutschland jedoch zwei bis fünf Jahre.

Auch die Kölner Diakonie Michaelshoven hat oft bürokratische Hürden zu überwinden, vor allem dann, wenn Zeugnisse fehlen. „Wer flüchten muss, denkt natürlich nicht dran, dass er sein Schulzeugnis mitnehmen muss. Und wenn man es doch hat, dauert die Zeugnisanerkennung rund ein halbes Jahr“, berichtet Petra Breitenbach, Leiterin für Förderprojekte. Besonders problematisch sei zudem, dass die Behörden meist nur befristete Arbeitserlaubnisse erteilten: „Wenn eine Erlaubnis ausläuft, kriegt man keine Stelle. Selbst wenn davon auszugehen ist, dass sie verlängert wird. Hier wäre eine ergänzende Formulierung auf der Arbeitserlaubnis hilfreich, die den Unternehmen mehr Rechtssicherheit geben könnte.“

Eine wesentliche Voraussetzung für den Zugang zum Arbeitsmarkt sind ausreichende Sprachkenntnisse: „Hier wären mehr Alphabetisierungskurse und mehr Plätze in Integrationskursen sinnvoll“, sagt Ulrike Haas, Leitung Geschäftsfeld Jugendhilfe bei der Bruderhaus-Diakonie in Reutlingen.

Doch bei aller Kritik an den bestehenden Zuständen gebe es immer wieder auch Lichtblicke, wenn geflüchtete Menschen Arbeit in der Diakonie fänden, betont der Verband. Michael Kashour zum Beispiel, der 2015 aus Syrien nach Deutschland floh. Der gelernte Bankkaufmann und Schauspieler absolvierte bis 2020 die Ausbildung zum Erzieher an der Hephata-Akademie im hessischen Schwalmstadt. Heute leitet er eine Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bei dem diakonischen Träger, der aktuell 43 Personen mit Fluchthintergrund Arbeit gibt.

Presseinformation des VdDD: http://u.epd.de/32c7

Johanniter-Akademie, Arbeitsmarktintegration: http://u.epd.de/32c8

Von Dirk Baas (epd)